Erkrankungen im Alter

Krankheitsbilder im Alter

Austrocknung

Austrocknung (Dehydratation, Exsikkose, Flüssigkeitsmangel, Volumendefizit): Wassermangel in den Körperzellen, entweder durch fehlende Flüssigkeitszufuhr oder durch vermehrten Flüssigkeitsverlust (z. B. bei Durchfallerkrankungen und starkem Schwitzen). Betroffen sind vor allem Säuglinge und Kleinkinder sowie alte Menschen, aber auch Sportler*innen bei intensiver Anstrengung. Austrocknung führt zunächst zu trockener Haut, Müdigkeit und Konzentrationsschwäche. Im fortgeschrittenen Stadium drohen lebensbedrohliche Störungen im Salzhaushalt, u. a. mit Bewusstseinstrübung oder Bewusstlosigkeit. Eine Dehydratation wird meist mit vermehrter Flüssigkeitszufuhr behandelt. In schweren Fällen oder bei Risikopatient*innen erfolgt dies meist mit Infusionen in der Klinik.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Mundtrockenheit
  • Eingerissene, spröde Mundwinkel
  • Pergamentartige, trockene Haut
  • Weißlich-bräunlich belegte Zunge
  • Raue Stimme
  • Unruhe, Konzentrationsschwäche
  • Verwirrtheit (was eine akute Demenz vortäuschen kann)
  • Sinkende und dunkel gefärbte Urinmenge (unter 1,5 l pro Tag)
  • Herzrasen.

Wann in die Arztpraxis

Bei Verdacht auf Austrocknung sollte unverzüglich ärztliche Hilfe gesucht werden. Dies gilt insbesondere, wenn

  • Säuglinge, Kleinkinder oder alte Menschen betroffen sind
  • gleichzeitig starker Durchfall oder hohes Fieber vorliegt
  • Verwirrtheit oder Bewusstseinsstörungen bestehen.

Die Erkrankung

Der Mensch besteht zu zwei Dritteln aus Wasser. Der Wasserhaushalt gewährleistet, dass dieser Wasseranteil im Körper konstant bleibt. Er benötigt dazu täglich ~ 2,6 l Wasser; 1,5–2 l davon in Form von Flüssigkeit. Die Ausscheidung erfolgt weitgehend über die Nieren, kleinere Wassermengen werden auch über den Schweiß und die Lunge (als Wasserdampf) abgegeben. Ist der Wasserhaushalt im Gleichgewicht, sind die Aufnahme von Wasser, die Bildung von Wasser im Körper (Oxidationswasser) und die Ausscheidung ausgeglichen. Vor allem die Nieren erhalten dieses Gleichgewicht aufrecht und regulieren die Wassermenge. Adiuretin (antidiuretisches Hormon, ADH), ein Hormon aus der Hypophyse, steuert diesen Vorgang. Ist der Wasserhaushalt gestört, trocknet der Organismus entweder aus oder er überwässert.

Die tägliche Wasserbilanz des gesunden Erwachsenen. Im Krankenhaus wird die Wasser- oder Flüssigkeitsbilanz (Bilanzierung) sorgfältig durch Gegenüberstellung von Ein- (blau) und Ausfuhr (gelb) protokolliert. Im Heim und zu Hause ist dies schwierig, aber durchaus möglich: So kann man durch Wiegen vor und nach dem Wasserlassen die ungefähre Wasserausfuhr abschätzen.

Die tägliche Wasserbilanz des gesunden Erwachsenen. Im Krankenhaus wird die Wasser- oder Flüssigkeitsbilanz (Bilanzierung) sorgfältig durch Gegenüberstellung von Ein- (blau) und Ausfuhr (gelb) protokolliert. Im Heim und zu Hause ist dies schwierig, aber durchaus möglich: So kann man durch Wiegen vor und nach dem Wasserlassen die ungefähre Wasserausfuhr abschätzen.

Ursachen und Risikofaktoren

Für eine Austrocknung gibt es viele Ursachen. So sinkt mit zunehmendem Alter das Trinkbedürfnis, weil das Durstgefühl nachlässt; die Gründe sind nicht bekannt. Ältere Menschen vergessen oft einfach, genügend zu trinken. Aus Angst vor unkontrolliertem Urinverlust beschränken vor allem inkontinente Personen das Trinken auf das Nötigste.

Eine Austrocknung kann aber auch auf einem erhöhten Flüssigkeitsverlust beruhen. Dazu gehören beispielsweise

  • Starker Durchfall und Erbrechen
  • Starkes Schwitzen bei Fieber oder Sport
  • Übermäßige Urinausscheidung aufgrund von Erkrankungen, z. B. bei Diabetes mellitus oder bei einem Mangel an antidiuretischem Hormon (Diabetes insipidus)
  • Einnahme von Entwässerungsmedikamenten (Diuretika, harntreibende Medikamente).

Etliche Medikamente sind ebenfalls dafür bekannt, eine Austrocknung zu begünstigen. Bestimmte Blutdrucksenker (ACE-Hemmer und Angiotensin-II-Rezeptorblocker) unterdrücken das Durstgefühl und können dadurch zu einer verringerten Flüssigkeitsaufnahme führen. Neue Diabetesmedikamente (SGLT2-Inhibitoren wie Dapaglifozin, Empaglifozin) erhöhen die Glukoseausscheidung und damit auch die Flüssigkeitsausscheidung über die Niere. Antidepressiva und Antihistaminika lösen oft Mundtrockenheit aus, was vor allem bei älteren Personen ausreichendes Trinken und Essen beeinträchtigt.

Klinik

Das Missverhältnis zwischen Flüssigkeitsaufnahme und -verlust hat vor allem Auswirkungen auf die Haut, das Herz, die Niere und das zentrale Nervensystem (ZNS). Je nachdem, wie stark die Dehydratation ist und wie lange sie dauert, entwickeln sich erst leichte, dann ernste Symptome.

Haut. Bei Wassermangel fühlt sich die Haut rau und trocken an, oft bilden sich kleine Schuppen an den Augenwinkeln und seitlich der Nase. Zudem verliert die Haut an Elastizität und Spannkraft. Dadurch bleiben Hautfalten beim Anheben stehen (Hautfaltentest).

Herz und Kreislauf. Durch das verringerte Volumen in den Gefäßen sinkt der Blutdruck, wodurch die Versorgung der Organe verschlechtert wird. Das versucht das Herz, mit häufigerem Schlagen auszugleichen. In der Folge kommt es zu Herzrasen, bei starker Ausprägung drohen Kreislaufversagen und Schock.

Niere und Blase. Wenn im Körper Flüssigkeit fehlt, scheidet die Niere weniger Urin aus. Deshalb wird der Urin konzentrierter und dunkler. Längere Phasen von Dehydratation können die Nierenfunktion beeinträchtigen und Nierensteine begünstigen. Da die Blase nicht mehr regelmäßig gespült wird, steigt das Risiko für Blasenentzündungen, wobei die Keime bis in das Nierengewebe aufsteigen und eine Niereninfektion auslösen können.

ZNS. Nervenzellen leiden besonders stark unter einer Dehydratation. Durch die verringerte Durchblutung erhalten sie weniger Sauerstoff und Nährstoffe, gleichzeitig können sich schädliche Stoffwechselprodukte ansammeln. Das alles beeinträchtigt die Hirnleistung. Es kommt zu Konzentrationsstörungen, Müdigkeit und Stimmungsveränderungen. Bei länger andauernder oder starker Austrocknung drohen Verwirrtheit, Unruhe, Krampfanfälle und Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma.

Diagnosesicherung

Eine Austrocknung wird aufgrund der Beschwerden und der klinischen Untersuchung diagnostiziert. Die Ärzt*in untersucht Haut und Schleimhäute auf Trockenheit, achtet auf eingesunkene Augen und prüft die Hautspannung mithilfe des Hautfaltentests. Puls und Blutdruck geben Hinweise auf die Kreislaufsituation.

Durch verschiedene Laboruntersuchungen kann das Ausmaß der Austrocknung beurteilt werden:

  • Urinmenge und -konzentration.
  • Blutbild. Anhand des Hämatokrit-Wertes lässt sich erkennen, ob das Blut verdickt ist.
  • Elektrolyte im Serum. Sie geben Auskunft darüber, ob es schon zu Elektrolytverschiebungen wie z. B. einem Natriummangel gekommen ist.
  • Nierenwerte. Ein Anstieg von Kreatinin und Harnstoff im Blut zeigt eine Funktionseinschränkung oder Schädigung der Niere an.

Bei der Ursachenforschung ist die Befragung zu eingenommenen Medikamenten wichtig. Wird eine Erkrankung hinter der Austrocknung vermutet, kommen weitere Untersuchungen wie die Bestimmung von Blutzucker oder von Hormonwerten hinzu.

Behandlung

Eine leichte Austrocknung kann man durch eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr selbst ausgleichen. Dazu sollten mehrfach am Tag Mineralwasser oder Früchte- oder Kräutertees getrunken werden. Zwischendurch ist auch die Aufnahme leicht salzhaltiger Brühe vorteilhaft.

Betroffene mit schwerer Austrocknung müssen Infusionen erhalten. Bei alten Menschen oder Säuglingen passiert dies meist in der Klinik. Die verabreichte Flüssigkeit wählt die Ärzt*in nach den Elektrolytkonzentrationen im Blut aus. Dabei muss vorsichtig vorgegangen werden: Bei zu schneller Infusion kann es zu Wasseransammlungen in der Lunge oder im Gehirn kommen. In der Regel verläuft eine solche Akuttherapie jedoch unkompliziert, wenn keine sonstigen Erkrankungen bestehen.

Prognose

Wird eine Austrocknung früh erkannt und behandelt, ist die Prognose gut.

Ihre Apotheke empfiehlt

Unterstützung durch Angehörige

Damit ältere Menschen ausreichend trinken, brauchen sie in vielen Fällen die Unterstützung durch Angehörige. Um die täglich notwendige Trinkmenge von mindestens 2,5 l zu erreichen, helfen folgende Maßnahmen:

  • Beobachten Sie das Trinkverhalten der Betroffenen und entwickeln Sie gemeinsam einen Trinkplan.
  • Stellen Sie die erforderlichen Trinkrationen in Sichtweite bereit: z. B. ein Glas Wasser auf dem Nachtisch, das direkt nach dem Aufstehen getrunken wird, nach dem Frühstück eine Kanne Tee oder Saft, die bis zum Mittagessen geleert sein sollte, eine weitere Kanne für nachmittags usw.
  • Bei Trinkbeschwerden erleichtern Strohhalme oder Schnabeltassen die Flüssigkeitsaufnahme.
  • Frische Fruchtsäfte regen die Trinklust an und enthalten lebenswichtige Mineralien und Vitamine.
  • Früchte mit hohem Flüssigkeitsgehalt (z. B. Melonen oder Weintrauben) sind manchmal eine gute Alternative zu Säften oder Tee. Auch Milch-, Gemüse- und Fleischsuppen sind gute Flüssigkeitsspender.
  • Kaffee und schwarzer Tee sind erlaubt. Nach 17 Uhr führen sie allerdings nicht selten zu (Ein-)Schlafstörungen.
  • Alkoholhaltige Getränke wie 1–2 Gläser Bier oder Weißwein am Abend sind in Ordnung. Im hohen Lebensalter hat die Restriktion des Alkoholkonsums keine Priorität. Es kommt lediglich darauf an, dass die Leber keine Schäden davonträgt. Die Hausärzt*in kann das durch einen einfachen Bluttest, z. B. durch Bestimmung der Gamma-GT prüfen.

Hinweis: Ein Zielkonflikt besteht, wenn die Ärzt*in die Trinkmenge aus medizinischen Gründen limitiert, z. B. bei Herzinsuffizienz oder Nierenschwäche. Diese Anordnung ist oft eine Gratwanderung zwischen dem, was dem Körper an Flüssigkeitsbelastung erspart werden soll und dem, was der Körper trotzdem zum Leben braucht. Eine ärztlich verordnete Trinkmenge sollte deshalb weder über- noch unterschritten werden und auf 10 % genau eingehalten werden.

| Von: Ruth Mamerow, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualsierung von Dr. med. Sonja Kempinski

Dekubitus

Dekubitus (Druckgeschwür, Wundliegen, Dekubitalulkus, Dekubitalgeschwür): Örtlich begrenzte Schädigung der Haut und des darunter liegenden Gewebes, die durch anhaltenden Druck oder Reibung beim langen Liegen oder Sitzen entsteht. Über Rötung, Blasen und Hautabschürfung können sich tiefe, bis zu den Knochen reichende offene Wunden entwickeln. Sie kommen insbesondere dort vor, wo die Haut ohne Muskel- oder Fettpolster direkt über dem Knochen liegt (z. B. Fersen, Kreuzbein oder Hinterkopf). Betroffen sind meist bewegungseingeschränkte, bettlägerige Menschen. Behandelt wird mit spezieller Wundpflege, entlastender Lagerung und Schmerzmitteln. In manchen Fällen muss der entstandene Gewebedefekt operativ gedeckt werden.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Anfangs anhaltende, umschriebene Hautrötung, eventuell auch violette Verfärbung
  • Später offene Wunden, die nicht abheilen
  • Schmerzen (selten).

Wann in die Arztpraxis

Möglichst schnell ärztlichen Rat einholen und sofort mit der entsprechenden Lagerung beginnen, wenn

  • gefährdete Hautbereiche auffällige Rötungen aufweisen
  • sich gerötete Flecken durch Fingerdruck nicht entfärben (Fingertest, siehe unten).

Die Erkrankung

Häufigkeit

Der Dekubitus ist eines der folgenschwersten und am meisten verbreiteten Probleme bettlägeriger Menschen. Expert*innen schätzen, dass bis zu 30 % der zu Hause betreuten Senior*innen und 50 % der Menschen in Pflegeheimen und geriatrischen Kliniken zumindest zeitweise an einem Dekubitus leiden.

Krankheitsentstehung

In der Regel spürt man, wenn eine Entlastung des Gewebes angesagt ist, und ändert einfach die Sitz- oder Liegeposition. Das passiert normalerweise automatisch, z. B. dann, wenn man auf einem harten Stuhl sitzt und sich ein Unbehaglichkeits- oder gar ein Schmerzgefühl bemerkbar macht. Ein bewegungseingeschränkter Mensch kann jedoch nicht mehr selbstständig für diese Druckentlastung sorgen. Dann behindert der anhaltende Druck die Durchblutung der Haut. Das Gewebe wird nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt und stirbt ab.

Der gefährliche Druck kann von außen und von innen kommen: Von außen entsteht er beispielsweise, wenn ständig eine Falte im Bettlaken auf die Haut drückt oder ein Körperteil an die Bettkante gepresst wird. Druck von innen kommt zustande, wenn Menschen auf Körperteilen liegen oder sitzen, an denen ihre Knochen ohne Muskel- oder Fettpolster direkt unter der Haut liegen. In Rückenlage lastet so besonderer Druck auf dem Gesäß (Kreuz- und Steißbein), auf den Fersen, den Ellenbogen, den Schulterblättern und auf dem Hinterkopf. In Seitenlage sind Hüftknochen und Knöchel gefährdet.

Eine weitere Ursache für die Entstehung von Dekubitus sind Scherkräfte. Sie kommen zum Tragen, wenn immobile Menschen lange auf einem Stuhl sitzen und dabei langsam herunterrutschen. Während die Haut auf der Stelle bleibt, rutscht der Körper und die Gewebeschichten verschieben sich. Auch dadurch wird die Durchblutung beeinträchtigt und Gewebe zerstört. Zu gefährlichen Scherkräften kann es auch kommen, wenn Bettlägerige nicht fachgerecht positioniert werden, z. B. wenn man sie aus dem Liegen ins Sitzen hochzieht.

Klinik

Der Dekubitus entwickelt sich vom Gewebeinneren nach außen. Zunächst wird ein roter, sehr selten auch ein weißer Fleck an aufliegenden Körperstellen sichtbar. Wenn dieser bei Druckentlastung nicht innerhalb weniger Sekunden verschwindet, ist höchste Aufmerksamkeit geboten. Ohne Behandlung entsteht ein Geschwür, das sich rasch in tiefe Gewebeschichten ausbreiten kann.

Die Entwicklung eines Dekubitus verläuft in vier Stadien (Grad I bis IV):

  • Hautrötung und Schmerzen
  • Blasenbildung und oberflächliche Hautschädigung
  • tiefere Gewebeschädigung bis in die Unterhaut (Subkutis)
  • ausgedehnte Gewebezerstörung bis auf die Knochen, Sehnen oder Muskeln.

Risikofaktoren

Gefährdet für einen Dekubitus sind vor allem bewegungseingeschränkte, kranke oder gelähmte Menschen, die den ganzen Tag sitzen oder liegen und sich nicht selbst entlasten können.

Verschiedene gesundheitliche Faktoren (sog. intrinsische Faktoren), begünstigen das Wundliegen:

  • Zu feuchte oder zu trockene Haut, Inkontinenz
  • Untergewicht und Mangelernährung (verzögerte Wundheilung durch fehlende Nährstoffe, wenig Unterhautfettgewebe)
  • Übergewicht (zusätzlich erhöhter Druck auf die betroffenen Körperbereiche durch das Gewicht)
  • Flüssigkeitsmangel
  • Sensibilitätsstörungen, die die Wahrnehmung von Druck oder Schmerz beeinträchtigen (z. B. eine diabetische Neuropathie)
  • Durchblutungsstörungen wie z. B. bei Arteriosklerose oder Diabetes mellitus
  • Depression oder depressive Verstimmung, die die Betroffene in ihren Aktivitäten einschränkt.

Aber auch zahlreiche äußere Faktoren können zu Dekubitus führen:

  • Schlecht sitzende Arm- oder Beinprothesen, falsch angelegte Verbände
  • Ungünstige Lagerung (z. B. die Seitenlage)
  • Falsches Heben und Lagern, das die Scherkräfte verstärkt
  • Sedierende Medikamente, die die Bewegungseinschränkung der Patient*in zusätzlich verstärken
  • Harte Behandlungsliegen oder OP-Tische, zu festes Lagerungsmaterial.

Wird ein Dekubitus nicht rechtzeitig behandelt, stirbt das Gewebe immer weiter ab, bis sich ein offenes, tiefes Geschwür (Ulkus) bildet. Wenn das Ulkus sich infiziert, können sich die Bakterien in den umgebenden Weichteilen und im Blut ausbreiten. Dann drohen Knochen- und Muskelentzündungen, aber auch eine lebensgefährliche Sepsis oder Pneumonie.

Diagnosesicherung

Der Dekubitus ist eine Blickdiagnose, die auf der klinischen Untersuchung und dem typischen Erscheinungsbild der Wunde beruht. Im Frühstadium hilft der einfache Fingertest, eine Hautrötung von einem Dekubitus zu unterscheiden. Wird die gerötete Hautstelle durch Fingerdruck weiß und rötet sich dann wieder, liegt kein Dekubitus vor. Bleibt die Rötung trotz Fingerdruck bestehen, deutet dies auf einen Dekubitus hin. Ganz wichtig bei Verdacht auf Dekubitus ist, den gesamten Körper der Patient*in auf Druckstellen hin abzusuchen.

Bei der ersten Beurteilung müssen Lage und Größe der Wunde exakt beschrieben und dokumentiert werden. Auch wichtig ist, wie weit der Dekubitus schon fortgeschritten ist, d. h. in welcher Phase die Wunde sich befindet und ob sich schon Wundtaschen gebildet haben. Danach richtet die Ärzt*in die Therapie aus. Auch in der Folge sind regelmäßige Dokumentationen des Wundzustands wichtig, nur so lässt sich der Heilungsverlauf korrekt beurteilen.

In fortgeschrittenen Fällen können weitere Untersuchungen nötig werden. Bei Verdacht auf eine Infektion der Wunde wird ein Wundabstrich entnommen und auf Bakterien untersucht. Blutuntersuchungen zeigen auf, ob eine Entzündung vorliegt. Um festzustellen, ob der Dekubitus schon den Knochen erreicht oder geschädigt hat, ist eine Röntgenuntersuchung erforderlich.

Behandlung und Vorbeugung

Die Behandlung fußt auf zwei Säulen: der lokalen Wundtherapie und der begleitenden Kausaltherapie.

Lokale Wundtherapie

Die lokale Behandlung der Wunde richtet sich nach deren Größe und Zustand. Zunächst müssen die Nekrosen, d. h. die abgestorbenen Gewebeanteile, entfernt werden. Erleichtert wird dies durch das Auftragen von synthetischen Enzymen, die das nekrotische Gewebe verflüssigen. Bei großen Wunden können dafür auch chirurgische Eingriffe nötig werden. Nach Entfernung der Nekrosen wird die Wunde gespült und antiseptisch behandelt. Darauf folgt eine phasengerechte Wundversorgung mit feuchten Wundverbänden.

In der Reinigungsphase muss Feuchtigkeit zugeführt und Wundsekret aufgenommen werden. In der Granulationsphase unterstützt man die Neubildung des Gewebes, in der Epithelisierungsphase speziell die Bildung der obersten Hautschichten. Für jede dieser Aufgaben gibt es spezielle Wundauflagen. Beispiele sind Hydrogelverbände, Hydrokolloidverbände, Polyurethanschäume, Silberauflagen und Hydropolymere.

Die engmaschige Behandlung und Kontrolle eines Dekubitus liegt in den Händen der Hausärzt*in oder einer Wundspezialist*in. In Pflegeheimen ist für die Durchführung das Pflegepersonal verantwortlich. Zuhause übernehmen meist ambulante Pflegedienste die Versorgung aufwendiger Wunden oder den täglichen Verbandswechsel.

Kausaltherapie

Neben der Wundtherapie ist die Kausaltherapie von elementarer Bedeutung. Damit bekämpft man die Faktoren, die einen Dekubitus begünstigen bzw. dessen Heilung behindern. Zu den Maßnahmen gehören:

Absolute Druckentlastung. Um die Durchblutung des betroffenen Areals wiederherzustellen und die Wundheilung zu fördern, muss der Druck von der Wunde genommen werden. Dazu dienen fachgerecht durchgeführte regelmäßige Umlagerungen und Lagerungsmittel. Sanitätshäuser bieten eine Fülle von Weichlagerungskissen an, die die Druckentlastung durch das Freilagern von Körperteilen ermöglichen. Antidekubitusmatratzen helfen bei der möglichst großflächigen Druckverteilung. Es gibt verschiedene Systeme: Wechseldruckmatratzen sehen aus wie übergroße Luftmatratzen und werden auf die eigentliche Bettmatratze gelegt. Eine in der Matratze integrierte Pumpe bläst dann abwechselnd Luft in die Kammern. Das Körpergewicht wird so von den luftgefüllten Kammern getragen und der normalerweise entstehende Auflagedruck wird durch das Ablassen der Luft immer wieder reduziert.

Schmerztherapie. Dekubituswunden verursachen häufig Schmerzen, insbesondere auch bei der Wundpflege. Sind sie leicht bis mittelstark, helfen Paracetamol oder Ibuprofen. Bei stärkeren Schmerzen verordnet die Ärzt*in auch stärkere Analgetika, z. B. Opioide.

Ernährung. Damit die Wunde heilt, brauchen Patient*innen mit Druckgeschwüren sehr viel Energie und Eiweiß. So steigt ihr Energiebedarf auf 35 bis 40 kcal pro Kilogramm Körpergewicht (zum Vergleich: der Grundbedarf eines Gesunden liegt bei etwa 25 kcal/kg KG). Besonders wichtig sind Eiweiße (Proteine): Bei Dekubitus werden bis zu 2 g pro Kilogramm Körpergewicht täglich empfohlen (Normalbedarf etwa 0,8 g). Auch die Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen muss gewährleistet sein. Häufig sind all diese Anforderung mit einer normalen Kost nicht zu erreichen. Dann sind Spezialnahrungen eine Option.

Prävention

Die beste Behandlung des Dekubitus ist die Vorbeugung. Sie reicht von größtmöglicher Wachsamkeit bei der Körperpflege über die passende Hautpflege bis zur mehrmals täglichen Kontrolle des Pflegebetts.

Risiko abschätzen. Bei immobilen Patient*innen oder Pflegeheimbewohner*innen sollte das Risiko für ein Wundliegen regelmäßig vom Fachpersonal abgeschätzt werden. Dabei helfen Dekubitusrisiko-Skalen. Bei der weit verbreiteten Briden-Skala werden Punkte für sechs Risikofaktoren vergeben (sensorische Empfindung der Haut, Hautfeuchtigkeit, Aktivität der Betroffenen, Mobilität, Ernährung sowie Reibung und Scherkräfte). Je höher das errechnete Risiko, desto wichtiger sind vorbeugende Maßnahmen.

Haut inspizieren. Pflegende und Angehörige sollten die Haut täglich auf Druckstellen inspizieren, besonders die Bereiche, die dauerhaftem Druck ausgesetzt sind. Es ist sinnvoll, diese Kontrolle in die tägliche Körperpflege zu integrieren.

Nässe meiden. Feuchtigkeit durch Schweiß oder Urin gefährdet die Haut besonders. Durchnässte Kleidung oder Wäschestücke müssen deshalb umgehend gewechselt werden. Gegen starkes Schwitzen empfiehlt sich atmungsaktive Bett- und Unterwäsche mit einem hohen Baumwollanteil. Ein über das normale Bettlaken gespannte Moltontuch saugt Flüssigkeiten auf und kann bei (leichter) Verunreinigung schnell ausgetauscht werden.

Haut angemessen pflegen. Zum Waschen sollte lauwarmes Wasser eingesetzt werden. Geeignet sind Seifen oder Duschlotionen, die einen hohen Anteil an rückfettenden Bestandteilen haben und den schützenden Säuremantel nicht beeinträchtigen. Anschließend wird die Haut gründlich abgetrocknet und mit einer Pflegecreme eingecremt. Die Pflege schon betroffener Hautbereiche muss nach Rücksprache mit der Ärzt*in an die Therapie angepasst werden.

Bett kontrollieren. Falten im Bettzeug oder liegen gelassene Gegenstände wie Fernbedienungen oder Hörgeräte können auf die Haut drücken und zum Wundliegen führen. Regelmäßige Kontrollen von Bett, Lehn- oder Rollstuhl sind deshalb wichtig.

Aktivieren und Mobilisieren geht vor Lagern: Jede Bewegung, die von den Betroffenen selbstständig ausgeführt wird, unterstützt die Druckentlastung und mindert so das Dekubitusrisiko. Es ist gut, regelmäßig aus dem Bett aufzustehen, um die Mahlzeiten am Tisch einzunehmen. Auch das eigenständige Aufsetzen und Halten der Tasse gehört dazu. Zahlreiche Übungen können auch im Bett durchgeführt werden, z. B. das Anspannen der Gesäßmuskulatur oder das Beinanwinkeln.

Ihre Apotheke empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Als Angehörige von Pflegeheimbewohner*innen kann man sowohl die vorbeugenden Maßnahmen als auch die eventuelle Therapie von Wundgeschwüren unterstützen. Das bedeutet u. a., die Betroffenen in Bewegung zu bringen, sie nach Rücksprache mit dem Pflegepersonal beim Besuch umzulagern, sie zum Trinken zu animieren und die Ernährung zu unterstützen.

Bei der Pflege zu Hause gelten alle oben genannten vorbeugenden Maßnahmen. Wichtig ist, genaue Anleitungen von der Hausärzt*in oder den Pflegediensten zu bekommen und diese einzuhalten.

Vor allem in der Pflege zuhause kursiert eine Fülle hartnäckiger Tipps gegen Dekubitusbildung, die mehr schaden als sie nützen und unbedingt zu unterlassen sind:

  • Kühlen und Föhnen oder Massage zur Durchblutungsförderung. Diese waren mal in Mode. Untersuchungen haben aber bewiesen, dass sie den Zustand belasteter Haut verschlimmern. Gleiches gilt für Einreibungen mit alkoholhaltigen Lösungen wie Franzbranntwein – sie entfetten die Haut und machen sie rissig.
  • Dicke Pasten zum Hautschutz erschweren die Beobachtung der Haut. Auch von hautfärbenden Lösungen wird abgeraten, weil auch sie eine Inspektion der Haut fast unmöglich machen. Ebenso ungünstig ist die Behandlung mit Melk- oder Wollfetten. Sie verschließen Hautporen und weichen vorgeschädigtes Gewebe auf.
  • Das Pudern gefährdeter Hautbezirke ist umstritten. Die Partikel binden zwar Feuchtigkeit, was erwünscht ist, doch wenn die Partikel nicht fein genug ausgestrichen werden und klumpen, schädigen sie die Haut ebenso wie Brotkrümel im Bett.
  • Fersen- und Ellenbogenschoner aus Fell haben keinen Effekt; auch Watteverbände zum Polstern reichen nicht aus. Von Beidem wird deshalb abgeraten.
  • Mit Luft gefüllte Gummiringe als Kreuzbeinschutz schränken die Beweglichkeit des Betroffenen ein und schaden der Haut durch den entstehenden Wärmestau. Gummi- und Plastikunterlagen sind zu vermeiden, weil die Patient*innen auf ihnen schwitzen und so die Haut feucht wird. Statische Auflagen oder Matratzen, die permanent mit Luft gefüllt sind, drücken ebenso wie die Luftmatratze beim Camping und entlasten nicht.

Hilfsmittel

Hilfsmittel gegen Dekubitus werden von den Krankenkassen bezahlt, wenn aufgrund von Krankheit oder Behinderung dauerhaftes Liegen erforderlich ist, das zu einem erhöhten Dekubitusrisiko führt. Voraussetzungen dafür sind eine ärztliche Verordnung, ein Antrag sowie eine nachweisliche Einschätzung des Risikos.

Weiterführende Informationen

Institut für angewandte Pflegeforschung e. V., Bremervörde: Verständliche und praxisorientierte Fachinformationen. Die Informationen gibt es auch als kostenlose App.

| Von: Ruth Mamerow, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Demenz

Demenz (chronische Verwirrtheit): Durch eine körperliche Ursache bedingter, unumkehrbarer Verlust der geistigen Fähigkeiten mit fortschreitenden Gedächtnis-, Denk- und Wahrnehmungsstörungen sowie Persönlichkeitsveränderungen. Die Demenz ist abzugrenzen von der akuten Verwirrtheit, die die gleichen Symptome hat, aber prinzipiell umkehrbar ist.

Die Demenz ist bis heute unheilbar und führt über teils jahrelange Pflegebedürftigkeit zum Tod. Die Behandlung zielt darauf ab, den geistigen Abbau zu verlangsamen und die Lebensqualität zu erhalten. Sie erfolgt u. a. medikamentös und mit kognitiver Trainings- und Aktivierungstherapie.

Symptome und Leitbeschwerden

Die Leitbeschwerden müssen über mindestens sechs Monate bestehen:

Denkstörungen:

  • Gedächtnisstörungen, wobei zunächst das Kurzzeitgedächtnis betroffen ist, also die Merkfähigkeit und Wiedergabe neuer Informationen
  • Beeinträchtigtes Urteils- und Problemlösungsvermögen, zuerst in komplexen, später auch in einfachen Situationen
  • Zeitliche und räumliche Orientierungsstörungen
  • Personen – auch nahe Verwandte – werden schließlich nicht mehr erkannt
  • Sprach- und Wortfindungsstörungen
  • Unkonzentriertheit.

Stimmungsänderungen:

  • Passivität und Interesselosigkeit
  • Angst und Ängstlichkeit, weil vieles nicht mehr erkannt wird
  • Unangemessene Emotionen wie plötzliche Aggression oder unbegründete Traurigkeit.

Verhaltensänderungen:

  • Reizbarkeit (vor allem bei Überforderung), Unruhe, Rückzugsverhalten
  • Sammelleidenschaft, Verstecken oder Verlegen von Gegenständen
  • Mehrfaches Wiederholen von Fragen, Sätzen oder Handlungen
  • Bewegungsdrang und -störung
  • Harn- oder Stuhlinkontinenz.

Wann zum Arzt

In den nächsten Wochen, wenn Sie bei sich oder Angehörigen eine oder mehrere der Leitbeschwerden bemerken.

In den nächsten Tagen, wenn sich die geistigen Fähigkeiten rasch verschlechtern.

Die Erkrankung

Die Demenz ist keine normale Alterserscheinung. Sie ist immer eine Erkrankung – jedoch keine einheitliche, sondern ein komplexes Beschwerdebild mit unterschiedlichen Ursachen. Korrekt wäre deshalb der Begriff Demenzsyndrom.

In Deutschland leben derzeit fast zwei Millionen Demenzkranke. Die meisten von ihnen sind älter als 65 Jahre, etwa 100.000 jünger. Aufgrund der demografischen Entwicklung kommen jährlich bis zu 445.000 Neuerkrankungen dazu. Es wird geschätzt, dass die Demenzrate 2050 auf ca. 2,7 Millionen Betroffene steigt.

Mit etwa 60–70 % aller Fälle ist die Alzheimer-Demenz am häufigsten. An zweiter Stelle steht die vaskuläre (gefäßbedingte) Demenz (~ 20 %). Mischformen beider Demenzen machen etwa 15 % aus.

Alzheimer-Demenz

Der Name des Arztes Alois Alzheimer (1864–1915) steht für eine Erkrankung, bei der die Lebensuhr scheinbar rückwärts läuft. Betroffene sind wie in sich selbst versunken. Es scheint, als hätten sie sich selbst "verloren". Alzheimer protokollierte diesen Zustand erstmals im Jahr 1901 bei einer 51-jährigen Frau namens Auguste Deter: "Wie heißen Sie?" "Auguste." – "Familienname?" "Auguste." – "Wie heißt Ihr Mann?" "Ich glaube … Auguste."

Krankheitsentstehung. Veränderungen im Gehirn entwickeln sich schon Jahre (möglicherweise Jahrzehnte) vor den ersten Beschwerden. Sie beginnen offenbar in den Hirnarealen, die für Gedächtnisbildung und Sprache zuständig sind. Dann breiten sie sich aus, bis sie schließlich das gesamte Großhirn betreffen. Die Veränderungen gehen von bestimmten Eiweißen aus, den Tauproteinen und dem Beta-Amyloid. Diese Eiweiße lagern sich in und um die Nervenzellen im Gehirn an. Dadurch sterben Nervenzellen ab und das Gehirn schrumpft. Auch um die Blutgefäße herum kann sich Eiweiß ablagern. Oft sind Entzündungszeichen nachweisbar; ihre Bedeutung für die Krankheitsentstehung ist aber noch unklar. Durch die Funktionsstörung und den Untergang von Nervenzellen ändert sich außerdem der Botenstoffhaushalt im Gehirn. Insbesondere kommt es zu einem Mangel an Acetylcholin (Signalmolekül, das für das Gedächtnis von besonderer Bedeutung ist) und zu einem Überschuss an Glutamat.

Ursachen. Die Ursachen der Alzheimer-Demenz sind nach wie vor unklar. Genetische Faktoren spielen eine Rolle und sind Gegenstand intensiver Forschungen. Mutationen der klassischen Alzheimer-Gene APP, PSEN1 und PSEN2 verursachen bei den Trägern sozusagen immer eine Alzheimer-Erkrankung. Diese erblichen Frühformen der Alzheimer-Demenz sind jedoch selten.

Auch Menschen mit einer bestimmten Variante des Apolipoprotein E haben ein erhöhtes Risiko für eine Alzheimer-Demenz. Das gilt aber nur, wenn beide Allele betroffen sind – also die Veranlagung sowohl von der Mutter als auch dem Vater geerbt wurde.

Verlauf. Die Beschwerden beginnen bei der Alzheimer-Demenz schleichend, in aller Regel nach dem 60. Lebensjahr. Typischerweise bleibt die Persönlichkeit der Kranken lange erhalten. Im Durchschnitt wird Alzheimer erst im vierten Jahr nach Auftreten der ersten Symptome diagnostiziert. Die Erkrankung führt immer zum geistigen Abbau und zum körperlichen Verfall und endet etwa neun Jahre nach Beginn der Beschwerden mit dem Tod.

Vaskuläre Demenz

Ursachen. Bei etwa 10–20 % der Demenzen handelt es sich um eine vaskuläre ("gefäßbedingte") Demenz. Ihr liegen also Gefäßerkrankungen zugrunde:

  • Bei der Multiinfarkt-Demenz führen viele kleine Schlaganfälle bei Arteriosklerose zu kaum sichtbaren Leistungsverlusten; sie bleiben daher meist unbemerkt. Sie schädigen in ihrer Gesamtheit das Gehirn aber so stark, dass es schließlich zum Bild der Demenz kommt.
  • Auch einzelne Schlaganfälle, die besonders wichtige Stellen im Gehirn treffen, können zu einer vaskulären Demenz führen.
  • Eine dritte Ursache der vaskulären Demenz ist die Binswanger-Erkrankung. Bei dieser führt ein langjähriger Bluthochdruck zur Schädigung und zum Funktionsausfall vieler kleinster Arterien im Gehirn. In den von diesen Arterien versorgten Hirnarealen kommt es zum Gewebeuntergang.

Verlauf. Kranke mit einer vaskulären Demenz zeigen typischerweise schon früh ausgeprägte Persönlichkeits- und Stimmungsveränderungen; der Krankheitsverlauf ist eher schritt- oder schubweise als schleichend. Werden die Gefäßrisiken beseitigt, muss der geistige Abbau nicht zwangsläufig weiter fortschreiten.

Andere Demenzformen

Nur bei etwa 10 % der Demenzkranken ist die Demenz auf andere Ursachen zurückzuführen, z. B. auf eine frontotemporale Demenz (Pick-Krankheit). Sie heißt so, weil die Abbauvorgänge hier vor allem den Stirn- und Schläfenlappen betreffen. Die Krankheit zeigt sich meist schon um das 50. Lebensjahr. Typischerweise treten Verhaltensänderungen wie Unzuverlässigkeit, Taktlosigkeit, Aggressivität früh auf. Zu Gedächtnisstörungen kommt es erst später.

Eine andere degenerative Form der Demenz ist die Lewy-Körperchen-Demenz. Dabei werden sogenannte Lewy-Körperchen in den Nervenzellen des Gehirns abgelagert. Typisch ist, dass geistige und die Bewegung betreffende Probleme gleichzeitig auftreten. Weitere Demenzursachen sind die Parkinson-Krankheit (auch hier sind Lewy-Körperchen relevant), die Huntington-Krankheit und die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit.

Risikofaktoren

Inzwischen wurden zahlreiche Faktoren identifiziert, die die Entwicklung einer Demenz begünstigen. Kombinieren sie sich, wird die Gefahr für eine Demenz weiter erhöht. Zu diesen Risikofaktoren gehören

  • Vorangeschrittenes Alter: Von den 70- bis 74-Jährigen leiden etwa 3 % an einer Demenz, bei den 80- bis 84-Jährigen sind es 10 % und bei den über 90-Jährigen über 30 %
  • Vererbung: Sind Verwandte ersten Grades an Demenz erkrankt, erhöht sich das Risiko ebenso wie beim Vorliegen gewisser genetischer Varianten (z. B. Mutationen von ApoE, APP, PSEN1)
  • Geringe Bildung und wenig geistige Anregung/Aktivität
  • Übermäßiger Alkoholkonsum und Rauchen
  • Bewegungsmangel und Übergewicht
  • Diabetes, Fettstoffwechselstörungen, Arteriosklerose
  • Depressionen
  • Hörverlust und Sehverlust
  • Soziale Isolation und Einsamkeit
  • Kopfverletzungen, wiederholte Schädeltraumata (z. B. bei Kontaktsportarten wie Rugby oder Fußball)
  • Luftverschmutzung.

Einteilung in Schweregrade

Die Demenz lässt sich grob in drei Schweregrade unterteilen, mit jeweils charakteristischen Anzeichen:

Beginnende Demenz

  • Erhaltene Selbstständigkeit im Alltag
  • Störungen des Kurzzeitgedächtnisses
  • Fehlbeurteilung vor allem komplexer Situationen/Sachverhalte, erste Orientierungsprobleme in fremder Umgebung
  • Wortfindungsstörungen, nicht präsente Wörter werden umschrieben
  • Stimmungsschwankungen, Antriebsarmut und Reizbarkeit.

Fortgeschrittene Demenz

  • Zunehmende Hilfsbedürftigkeit im Alltag; die Suppe wird z. B. im Wasserkocher warm gemacht
  • Massive Vergesslichkeit in Bezug auf Termine und Namen
  • Fortschreitende Orientierungsstörungen; nach dem Einkauf wird z. B. die eigene Straße nicht mehr gefunden
  • Gestörter Tag-Nacht-Rhythmus
  • Gesteigerte Unruhe und Aggressivität.

Schwere Demenz

  • Unfähigkeit selbst zu einfachen Alltagstätigkeiten
  • Kontrollverlust über Körper und Sprache (z. B. Inkontinenz, praktisch keine sprachlichen Fähigkeiten mehr)
  • Kompletter Orientierungsverlust
  • In der Folge völlige Pflegebedürftigkeit.

Verlauf einer Demenz in der Zeitachse. Besonderheit dieser schweren Erkrankung ist die bis über 20 Jahre umfassende präklinische Phase. In dieser nehmen messbare Hirnleistungsdefizite langsam zu, können aber noch kompensiert werden.

Verlauf einer Demenz in der Zeitachse. Besonderheit dieser schweren Erkrankung ist die bis über 20 Jahre umfassende präklinische Phase. In dieser nehmen messbare Hirnleistungsdefizite langsam zu, können aber noch kompensiert werden.

Diagnosesicherung

Zu Beginn fällt den Angehörigen und (seltener) auch den Kranken selbst auf, dass "der Kopf irgendwie nicht mehr in Ordnung ist". In der Folge kommt es dann meist zu einem ersten Gespräch mit der Hausärzt*in.

Anamnese und körperliche Untersuchung. Zunächst lässt sich die Ärzt*in genau schildern, wie sich die Gedächtnis- und Konzentrationsprobleme äußern. Um ein Gesamtbild zu erhalten, fragt sie auch, wie der Alltag der Betroffenen abläuft und ob dieser noch selbstständig bewältigt wird. Zur ersten Bestandsaufnahme gehört immer eine gründliche Durchsicht der eingenommenen Medikamente, da zahlreiche Wirkstoffe die Hirnleistung verschlechtern können.

Eine eingehende körperliche Untersuchung deckt z. B. neurologische Auffälligkeiten auf. Diese sind bei der Alzheimer-Demenz selten, bei den anderen Formen der Demenz aber häufig.

Gedächtnis-Tests. Objektivieren lassen sich Gedächtnis und Denkvermögen durch standardisierte Tests. Suchtests wie der Mini-Mental-Status-Test (MMST), der Uhren-Test oder der DemTect dauern 15–30 Minuten und sind in der Hausarztpraxis, der neurologischen Praxis oder in speziellen Gedächtnissprechstunden oder -ambulanzen möglich. Bei Bedarf werden sie durch aufwendigere Tests ergänzt.

Weiterführende Diagnostik. Bei der weiteren Diagnostik geht es zunächst darum, andere Ursachen für den die Symptome auszuschließen. Dabei helfen Blutuntersuchungen (mit Bestimmung des Vitamin-B12- und Folsäurespiegels sowie der Schilddrüsenhormone), eine Teststreifenuntersuchung des Urins, EKG und CT bzw. Kernspin des Kopfs.

Differenzierung von Demenztypen

Liegt eine Demenz vor, versucht man herauszufinden, um welche Form es sich handelt. Das ist wichtig, weil sich die verschiedenen Typen in ihrer Prognose und z. T. auch in ihrer Behandlung unterscheiden. Besonders hilfreich sind dabei die bildgebenden Verfahren sowie Untersuchungen des Nervenwassers (Liquor).

Liquoruntersuchung. Zentraler Bestandteil der Demenzdiagnostik ist heute die kombinierte Bestimmung von Amyloid- und Tau-Proteinen. Sie hilft, eine Alzheimer-Demenz von anderen demenziellen Erkrankungen abzugrenzen.

Ultraschall der Halsgefäße. Diese Untersuchung kann wichtige Hinweise auf eine vaskuläre Ursachen der Demenz geben.

Magnetresonanztomografie und Computertomografie. Diese beiden Verfahren zeigen je nach Erkrankung spezifische Muster im Gehirn. Beim Morbus Alzheimer finden sich oft Schrumpfungen in Schläfen- und Scheitellappen. Die frontotemporale Demenz fällt mit Schrumpfungen im Frontallappen und im Temporallappen auf. Bei der vaskulären Demenz lassen sich meist auffällige Gefäßveränderungen und Infarktbereiche erkennen.

Positronenemmissionstomogramm (PET). Bei dieser Untersuchung bekommt die Patient*in radioaktiv markierte Substanzen (häufig Traubenzuckermoleküle) in die Vene gespritzt. Diese sogenannten Tracer reichern sich je nach Stoffwechselaktivität im Hirngewebe an. Alzheimer-Demenz, frontotemporale Demenz oder Lewy-Körperchen-Demenz zeigen jeweils charakteristische Veränderungen im Muster der Zuckerverwertung.

Gentests. Entwickelt sich die Demenz sehr früh, besteht der Verdacht auf eine seltene, genetisch vererbte Alzheimer-Demenz. Gleiches gilt, wenn die Erkrankung familiär gehäuft auftritt. In diesen Fällen wird ein Gentest veranlasst und nach Mutationen in den klassischen Alzheimer-Genen gesucht (APP, PSEN1, PSEN2). Ein Screening auf das Risikogen ApoE4 wird in der Regel nicht empfohlen, da die Aussagekraft nur begrenzt ist.

Bluttests. Inzwischen sind auch Bluttests entwickelt worden, die bei einem Verdacht auf eine Alzheimer-Demenz die klassische Diagnostik unterstützen sollen. Dabei werden u. a. die Fehlfaltung von Amyloidproteinen oder spezifische Tau-Varianten gemessen. In der breiten Anwendung kommen die Verfahren noch nicht zum Einsatz. Goldstandard für die Alzheimerdiagnose ist weiterhin die Kombination aus Liquordiagnostik und Bildgebung (Stand 2025).

Differenzialdiagnose

Die wichtigste Differenzialdiagnose ist die Altersvergesslichkeit, heute auch als alters-assoziierte Gedächtnisstörung bezeichnet. Ab wann eine Vergesslichkeit krankhaft ist, ist schwer zu definieren. Eine beginnende Demenz könnte vor allem vorliegen, wenn:

  • die Gedächtnisstörungen "anders" sind als früher, sich die Brille beispielsweise nicht im Bad, sondern im Kühlschrank wiederfindet, Erlebnisse komplett vergessen werden und auch Notizzettel nicht mehr helfen.
  • weitere Auffälligkeiten hinzukommen, z. B. undeutliches Sprechen und häufiges "Faden verlieren", Probleme bei den Bankgeschäften oder Gebrauchsanweisungen, aber auch Ungeschicklichkeiten und Persönlichkeitsveränderungen.
  • die Störungen den beruflichen und häuslichen Alltag beeinträchtigen.

Manchmal zeigen Gedächtnis-Tests eine leichte Verminderung der geistigen Fähigkeiten, die Alltagsfähigkeiten sind aber nicht eingeschränkt. Diese diagnostische Grauzone heißt leichte kognitive Störung. Hier kann nur die weitere Beobachtung zeigen, ob die geistigen Fähigkeiten stabil bleiben, oder ob es sich um das Frühstadium einer Demenz handelt.

Auch Demenz und Depression sind bisweilen kaum voneinander zu trennen. Viele Demenzkranke haben depressive Verstimmungen und umgekehrt klagen viele depressive Menschen über eine Verschlechterung ihrer geistigen Fähigkeiten. Deshalb wurde hierfür der Begriff Pseudodemenz bei Depression (Scheindemenz) geprägt. Ist eine Diagnose nicht zweifelsfrei möglich, wird zunächst die Depression medikamentös behandelt.

Behandlung

Die Demenz wird mit einer Kombination aus medikamentösen und nichtmedikamentösen Maßnahmen behandelt. Das Ziel der Therapie ist, die Selbstständigkeit der Betroffenen möglichst lange zu erhalten und die Lebensqualität zu verbessern. Für die medikamentöse Therapie stehen die klassischen Antidementiva, neue krankheitsmodifizierende Wirkstoffe wie Lecanemab und Präparate zur Behandlung der Begleitbeschwerden (Depression, Aggression) zur Verfügung.

Antidementiva

Die klassischen Antidementiva können den Verlust der Nervenzellen nicht aufhalten, aber in einigen Fällen die Symptome lindern. Sie sollen die gestörte Hirnleistung verbessern und die sprachlichen und lebenspraktischen Fähigkeiten sowie das Verhalten der Erkrankten günstig beeinflussen. Zu den Antidementiva zählen:

  • Acetylcholinesterasehemmer. Durch den Untergang von Nervenzellen entsteht bei der Alzheimer-Demenz ein Mangel des Botenstoffes Acetylcholin im Gehirn. Acetylcholinesterasehemmer (AChE-Hemmer) vermindern den Acetylcholinabbau und erhöhen so die Acetylcholinkonzentration. In Deutschland zugelassen sind Donepezil, Galantamin und Rivastigmin. Galantamin und Rivastigmin werden nur bei leichten bis mittelschweren Formen eingesetzt. Donepezil soll sich zusätzlich auch zur Behandlung im schweren Stadium eignen. Die Wirksamkeit der Acetylcholinesterasehemmer bei Alzheimer-Demenz wird von der Fachwelt überwiegend bejaht, vor allem zur Stärkung des Erinnerungsvermögens. Allerdings sind nicht alle Substanzen als gleichwertig anzusehen. Und zu viel erhoffen sollte man sich nicht:
    • Zum einen wirken Acetylcholinesterasehemmer aus bislang ungeklärten Gründen nicht bei allen Kranken. Und selbst wenn sie wirken, ist dies aus bisher nicht bekannten Gründen auf Wochen bis Monate begrenzt. Zeigt sich drei Monate nach Erreichen der Höchstdosis keine Wirkung, wird das Medikament wieder abgesetzt. Ob Acetylcholinesterasehemmer bei einer vaskulären Demenz helfen, ist umstritten.
    • Zum anderen haben die Acetylcholinesterasehemmer häufig Nebenwirkungen, vor allem Übelkeit, Erbrechen und Durchfall, aber auch Herzrhythmusstörungen, Schlaflosigkeit und Erregungszustände. Deshalb wird mit einer niedrigen Dosis begonnen und diese dann über mindestens einen Monat langsam gesteigert.
  • Memantin. Dieser Wirkstoff beeinflusst den Glutamatstoffwechsel im Gehirn und den Kalziumeinstrom in die Nervenzellen. Die prinzipiellen Überlegungen zum Einsatz von Memantin entsprechen im Wesentlichen denen bei Acetylcholinesterasehemmern, wobei Studien bisher nur eine allenfalls schwache Wirkung bescheinigen. Im Gegensatz zu Acetylcholinesterasehemmern ist Memantin nur zur Behandlung der moderaten bis schweren Demenz zugelassen, nicht jedoch bei leichten Formen. Forschungsergebnisse lassen allerdings den Schluss zu, dass sich Memantin besonders bei moderater Alzheimer-Demenz günstig auf die Orientierung und das Sprachverständnis der Erkrankten auswirkt. Selbst bei schwerem Morbus Alzheimer ist Memantin in der Lage, Gedächtnisleistungen zu verbessern. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Schwindel, Unruhe und Erregungszustände. Die Kombination von Acetylcholinesterasehemmern und Memantin wird nicht empfohlen, da nach aktueller Studienlage kein Zusatznutzen gegenüber einer Einzeltherapie mit Acetylcholinesterasehemmern besteht.

Krankheitsmodifizierende Medikamente

Mit Lecanemab wurde 2025 das erste krankheitsmodifizierende Medikament für die Alzheimertherapie in der EU zugelassen. Lecanemab gilt als krankheitsmodifizierend, weil es in die krankheitsverursachenden Vorgänge eingreift. Der Antikörper bindet gezielt lösliches Amyloid-Beta-Protein und vermindert dadurch die Ablagerung von Amyloid-Beta-Plaques im Gehirn. Auf diese Weise soll Lecanemab in sehr frühen Stadien der Erkrankung (bei leichter kognitiver Beeinträchtigung) den weiteren Abbau verlangsamen – laut aktueller Studienlage etwa um 27 % im Vergleich zu einem Scheinmedikament (Placebo). Das bedeutet einen Krankheitsaufschub von etwa sechs Monaten. Was zunächst wenig klingt, kann für die Betroffenen und deren Familie eine durchaus wichtige Zeitspanne darstellen und ihnen die Möglichkeit verschaffen, wichtige Dinge noch selbstständig zu regeln. Den bisherigen Studien zufolge wirkt Lecanemab bei Männern und alten Menschen offenbar etwas effektiver als bei Frauen und bei Jüngeren. Das Medikament wird alle 14 Tage über die Vene infundiert.

In Deutschland ist das neue Medikament noch nicht flächendeckend verfügbar. Zudem ist die Verordnung stark eingeschränkt. U. a. müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Frühe Alzheimer-Erkrankung
  • Nachweis der typischen Amyloid-Beta-Plaques im Gehirn
  • Keine oder nur eine Kopie des ApoE4-Gens. Anderenfalls gibt es ein deutlich erhöhtes Risiko für Nebenwirkungen.

Es gibt außerdem zahlreiche Begleiterkrankungen, bei denen das Medikament nicht gegeben werden darf. Ausgeschlossen sind z. B. Menschen mit vorangegangener Hirnblutung, bestimmten Autoimmunerkrankungen und Blutgerinnungsstörungen.

Mit Donanemab steht außerdem ein weiterer Beta-Amyloid-Antikörper kurz vor der Zulassung. Er scheint etwas stärker zu wirken als Lecanemab, geht allerdings auch mit etwas mehr Nebenwirkungen einher. Die Verordnungsvoraussetzungen sind die gleichen wie für Lecanemab. Auch Donanemab wird mittels Infusion über eine Vene verabreicht, und zwar in Abständen von vier Wochen.

Medikamente gegen Begleiterkrankungen

Die bei älteren Menschen häufig auftretenden internistischen Erkrankungen, z. B. Herzschwäche oder Bluthochdruck, müssen konsequent behandelt werden. So lassen sich Durchblutungsstörungen vermeiden, die die Hirnfunktion verschlechtern. Ganz besonders wichtig ist dies bei einer vaskulären Demenz. Medikamente, die die Hirnleistung verschlechtern können, werden – wenn möglich – weggelassen oder durch andere Medikamente ersetzt.

Auch bei gesicherter Demenz sollten schwere depressive Verstimmungen medikamentös behandelt werden. Im Krankheitsverlauf ist es außerdem oft nicht zu umgehen, Medikamente gegen besonders belastende Verhaltensweisen zu verabreichen, z. B. Risperdal® gegen Unruhe, Aggressionen oder Wahnvorstellungen oder Dipiperon® gegen Schlafstörungen.

Die motorischen Beschwerden bei der Lewy-Körperchen-Demenz werden oft mit L-Dopa therapiert. Da L-Dopa psychotische Symptome verstärken kann, darf es nur niedrig dosiert eingesetzt werden.

Ihre Apotheke empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Früh informieren. Gut zwei Drittel aller Kranken werden zu Hause von der Familie betreut, unter für Außenstehende oft kaum nachvollziehbaren Belastungen. Um an diesen Belastungen nicht zu zerbrechen, sollten sich Angehörige rechtzeitig über den Krankheitsverlauf informieren. Dazu können sie Beratungsstellen oder Pflegekurse besuchen, die häufig auch von Krankenkassen finanziert werden. Dort bekommen sie Praxistipps, können sich mit anderen Betroffenen austauschen und Rat finden.

Milieutherapie. Da die heute verfügbare medikamentöse Therapie eine Demenz nicht heilt, kommt vor allem der Milieutherapie (Milieugestaltung) eine große Bedeutung zu. Dazu gehören ein konstantes Umfeld durch möglichst gleichbleibende Bezugspersonen, konstante Tagesabläufe, gleichbleibende Aufenthaltsorte und die Vermeidung von Gefahren. Dies heißt:

  • Raumgestaltung. Die Aufenthalts- oder Wohnräume sind übersichtlich, bieten ausreichend Bewegungsfreiheit und sind frei von gefährlichen Gegenständen wie spitzkantigen Schränken oder Klappstühlen. Als Beleuchtung empfiehlt sich helles, warmes Licht (keine Neonröhren). Auch die bekannten Lieblingsfarben sollten sich in den Räumen wiederfinden, z. B. in Bildern, Vorhängen oder Tagesdecken. Ist ein Umzug ins Pflegeheim notwendig, bieten den Kranken ans Herz gewachsene Gegenstände Orientierungshilfen und bewirken im vorerst fremden Heimzimmer ein Gefühl von "zu Hause". Persönliche Gegenstände und damit verbundene Erinnerungen sind wichtig, auch wenn der Betroffene zunächst den Eindruck erweckt, dass er diese ignoriert.
  • Fester Tagesablauf. Tagsüber vermitteln vertraute Abläufe, z. B. feste Schlafens- und Aufwachzeiten, der Vormittagsspaziergang oder das nachmittägliche Kaffeetrinken ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Die Tagesstruktur sollte von den Gewohnheiten und Bedürfnissen der Kranken und nicht von den Vorstellungen der Betreuenden geprägt sein.
  • Risikoausschaltung. Alltagsrisiken werden minimiert. Beispielsweise sollten Betroffene elektrische Geräte nur gemeinsam mit Betreuenden benutzen oder steile Kellertreppen gesichert bzw. notfalls ganz gemieden werden.

Biografiearbeit. Wer die Biografie von Demenzkranken kennt – Herkunft, Kindheitserlebnisse, Freundschaften, Beziehungen, Vorlieben, Eigenschaften – kann ihr Verhalten und die damit verbundenen Bedürfnisse manchmal besser verstehen und verständnisvoller darauf reagieren. Die Biografie ist oft der Schlüssel zu noch vorhandenen Fähigkeiten, die es zu fördern gilt, damit sie möglichst lange erhalten bleiben.

Viele Demenzkranke…

  • singen gern und erinnern sich häufig an Lieder- und Gedichtstrophen aus ihrer Kindheit. Sie können diese problemlos auswendig vortragen. Singen ist aber auch ein gutes Ablenkungsmittel in angespannten Situationen und kann bei Ritualen helfen, etwa dem Schlafengehen, das z. B. mit einem Abendlied eingeleitet wird.
  • verlernen oft nicht die Fähigkeiten, die sie in früheren Zeiten erworben haben, z. B. Klavierspielen, Tanzen oder Schreibmaschineschreiben. Diese Fähigkeiten sollten so lange wie möglich gefördert werden.
  • nehmen Düfte wahr und lassen sich durch sie zu Erinnerungen anregen. Kaffeeduft, Zigarrenrauch oder das (frühere) Lieblingsparfüm rufen manchmal schöne Erlebnisse wach.

Überforderung trainiert nicht, sondern führt den Kranken nur ihre Defizite vor Augen, machen ratlos und verursachen Stress, wodurch sich die Gehirnleistung weiter verschlechtert. Gedächtnistraining oder "Gehirnjogging" sind wenig und allenfalls im Frühstadium hilfreich.

Realitätsorientierungstraining. An Demenz Erkrankte wissen oft nicht, in welcher Zeit sie sich gerade befinden und driften in die Vergangenheit ab. Manchmal hilft hier das Realitätsorientierungstraining (ROT). Es bietet den Kranken immer wieder Informationen, die die Orientierung zurückgeben, z. B. durch eine gut lesbare Uhr im Wohnzimmer oder indem die Gesprächspartner*in den jeweiligen Wochentag in das Gespräch einfließen lässt. Oft möchten Kranke Notizzettel und andere Merkhilfen nutzen und empfinden diese als hilfreich. Das sollten Betreuende respektieren, auch dann, wenn es umständlich erscheint.

Mit Demenzkranken richtig umgehen

Um Demenzkranke besser zu verstehen, muss man ein wenig in ihre Welt eintauchen. Dazu helfen folgende Gedanken:

  • Demenzkranke meinen, alles richtig zu machen. Wer sie verbessert, macht sie oft unsicher. Sie leiden am Verlust ihrer Autorität und spüren, wenn man sie nicht ernst nimmt oder gar über sie lacht. Die Empfehlung deshalb: Seien Sie sparsam mit Kritik. Lösen Sie wiederkehrende Alltagsprobleme lieber im Hintergrund.
  • Demenzkranke vertuschen ihre Unsicherheit, indem sie sich den Alltag oft "vereinfachen". Beispielsweise ziehen sie alles an, was sie finden, weil sie die jeweilige Jahreszeit und entsprechende Temperaturen nicht mehr richtig einschätzen können. Aber auch ein Bademantel für den Gang zum Supermarkt ist für sie durchaus normal. Die Empfehlung deshalb: Legen Sie – ohne groß darüber zu reden – am Vorabend die für den Folgetag geeignete Wäsche an immer der gleichen Stelle bereit.
  • Demenzkranke verzweifeln, wenn sie ihre persönlichen Dinge nicht finden. Dinge, die sie selbst versteckt haben, z. B. ihr Portemonnaie, ihre Uhr oder den Wohnungsschlüssel. Besprechen Sie mit dem Kranken sichere Plätze und nennen Sie diese immer wieder. Treffen Sie Vorsorge, indem Sie z. B. einen Schlüsselfinder kaufen und zusätzlich einen Reserveschlüssel in der Nachbarwohnung deponieren. Entfernen Sie aus dem Portemonnaie alle wichtigen Versicherungs- und Geldkarten und kaufen Sie ein neues Portemonnaie in einer auffälligeren Farbe. Ersetzen Sie die wertvolle Uhr durch eine weniger teure im gleichen Design.
  • Demenzkranke sprechen gern in "Gesprächsschablonen", sodass Außenstehende oft nicht merken, wie hilflos sie sind. Genauso sind sie oft stundenlang mit ritualisierten "Tätigkeitsschleifen" beschäftigt, wie Putz- oder Aufräumaktivitäten. Lassen Sie den Betroffenen machen, was er meint, machen zu müssen – halten Sie aber am strikten Tagesablauf fest. Insbesondere feste Essenszeiten bieten eine ideale Gelegenheit, "unsinnige" Aktivitäten zu beenden oder zumindest zu unterbrechen.
  • Demenzkranke haben Halluzinationen; sie hören z. B. laute Musik und strafende Stimmen. Sie haben dann häufig das Gefühl, dass mit ihnen geschimpft wird. Die Umgebung darf nicht zu reizarm sein, ein gewisses Maß an Radio und TV sind in Ordnung, weil es auch das Gehirn des Betroffenen sinnvoll beschäftigt. Und ansonsten: Immer darauf eingehen, wenn Sie um Ihre Meinung gefragt werden und immer wieder geduldig die Aussagen des Kranken richtigstellen.
  • Demenzkranke haben einen großen Bewegungsdrang – besonders wenn sie unsicher sind und innere Unruhe verspüren. Nähen oder heften Sie Adresskärtchen mit der Telefonnummer in die Kleidung oder in das Portemonnaie. Mittlerweile gibt es auch Funkmelder, die Sie den Demenzkranken um das Handgelenk binden können. Schaffen Sie Raum für den Bewegungsdrang in Gärten mit Rundwegen oder Rundgängen in Wohnbereichen mit ausreichend Sitzmöglichkeiten, um sich auszuruhen. Auch zu Hause ist barrierefreies Umhergehen möglich, wenn die Türen innerhalb der Wohnung geöffnet sind und gefährliche Gegenstände aus dem Weg geräumt werden. Beispiel: Die findige Ehefrau des erkrankten Herrn B. hat den Flur und die Ausgangstür der Wohnung mit einer Fototapete beklebt und davor einen Sessel gestellt. Nun ruht sich ihr Ehemann dort gerne aus, statt durch die Wohnungstür nach draußen zu verschwinden.

Mit Demenzkranken sprechen

Wer mit Demenzkranken spricht, sollte in einfachen Sätzen reden. Dies bedeutet aber nicht, in "Babysprache" zu verfallen; denn die Erkrankten sind trotz ihrer Einschränkungen erwachsen und kein Kind.

Generell gilt:

  • Kurze ganze Sätze formulieren und Pausen machen.
  • Möglichst Namen und Begriffe verwenden, die die Kranken kennen. Bildhafte Beschreibungen vermeiden. Also statt: "Schau mal, hast Du da nicht auch gerade eben unseren jungen Nachbarn mit dem kirschfarbenen Mantel vorbeigehen gesehen?" lieber: "Schau! Da kommt Sebastian! Er hat einen roten Mantel an."
  • Erklären, was man macht: "Ich hole Dir jetzt ein Handtuch aus dem Schrank. Damit trockne ich Dir dann Dein Gesicht ab."
  • Fragen stellen, auf die die Betroffenen eindeutig mit "Ja" oder "Nein" antworten können. Für die Antwort ausreichend Zeit lassen.
  • Darauf achten, dass die Informationen für die Betroffenen in der momentanen Situation von Bedeutung sind: "Gleich gibt es Mittagessen", aber nicht: "Im Mai machen wir dann einen schönen Ausflug."
  • Die eventuell aufkommende Enttäuschung über das von Ihnen vielleicht nicht wie gewünscht verlaufene Gespräch nicht zeigen. Wie jeder Mensch empfinden auch Demenzkranke ein abruptes Wegdrehen oder Aufstehen als verletzend.

Man kann jedoch nicht mit allen Demenzkranken gleich kommunizieren. Das Gespräch sollte sich am Ausprägungsgrad der Krankheit orientieren.

Leichte Demenz:

  • Wichtiges am Vormittag besprechen. Dann sind Demenzkranke am aufmerksamsten.
  • In lauten Situationen ist es sinnvoll, bewusst leise zu sprechen. So lässt sich Aufregung und Nervosität verringern.
  • Zum Vermeiden von Stress und Streit auf bestimmte Reizwörter wie "nie", "trotzdem", "nicht" oder "nein" verzichten.
  • Verbote sind tabu. Besser ist es, den Patient*innen Vorschläge zu machen, unter denen sie auswählen können.

Mittelschwere Demenz:

  • Die Demenzkranken direkt und offen ansprechen und niemals über ihren Kopf hinweg mit einem anderen Anwesenden sprechen. Auch heimliche Gespräche sind ein Tabu. Im schlimmsten Fall wird so nur Misstrauen geschürt. Nicht nur verletzt es die Würde der Demenzkranken, sondern man kann auch nie abschätzen, was die Erkrankten noch alles mitbekommen.
  • Verneinungen und Füllwörter ("nicht", "niemand", "keiner", "eigentlich", "an sich") vermeiden, da sie häufig überhört werden, besonders, wenn die Betroffenen gerade aufgeregt sind. Vom Hinweis "Keiner will Dir Böses" nimmt der Betroffene vielleicht nur den Begriff "Böses" wahr.
  • Über Wiederholungen des Gesagten nicht lachen, sondern darauf eingehen. Auch dass sich Angehörige, Pflegende oder Bekannte wiederholt vorstellen, gehört notfalls dazu.

Schwere Demenz:

  • Sich den Betroffenen immer von vorne nähern, damit man immer in ihrem Blickfeld ist.
  • Mit dem Sprechen erst beginnen, wenn man gesehen wurde. Auch während des Gesprächs unbedingt den Augenkontakt beibehalten.
  • Häufig ist es von Vorteil, den Betroffenen das gewünschte Verhalten wie Essen oder Waschen beispielhaft vorzumachen.
  • Eine einfache Sprache und Sprechweise nutzen, die durch einfache Gestik und Mimik unterstützt wird. Dann sind die Chancen am größten, auch verstanden zu werden.

Komplementärmedizin

Komplementärmedizinische Maßnahmen zielen in erster Linie auf eine Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen. Einen Einfluss auf die Abbauprozesse im Gehirn haben sie nicht. Entsprechend unbefriedigend ist auch hier die Therapie der Demenz.

Pflanzenheilkunde. Klassiker unter den Phytotherapeutika sind Gingko-Präparate. Eine Behandlung mit Ginkgo biloba (Spezialextrakt EGb 761®) kann bei leichter bis mittelgradiger Alzheimer-Demenz oder vaskulärer Demenz erwogen werden. Höhere Dosierungen ab 240 mg täglich scheinen sich bei leichten und mittelgradigen Demenzen günstig auf die Fähigkeit auszuwirken, den Alltag zu bewältigen. Allerdings: Es besteht ein gewisses Blutungsrisiko, wenn Ginkgo zusammen mit Plättchen- oder Blutgerinnungshemmern eingenommen wird, wie z. B. niedrig dosierter Acetylsalicylsäure. Deshalb sollten auch rezeptfreie Ginkgo-Präparate nicht ohne ärztliche Rücksprache eingenommen werden.

Einige pflanzliche Präparate, z. B. Ginseng oder Knoblauch, werden ebenfalls zur Verbesserung der geistigen Leistungsfähigkeit beworben. Trotz positiver einzelner Studienergebnisse gibt es für die Wirksamkeit jedoch keine überzeugenden Belege.

Musiktherapie. In einigen auf Demenzerkrankungen spezialisierten Pflegeeinrichtungen ist die Musiktherapie fester Bestandteil des therapeutischen Konzepts. Die Wirksamkeit dieser Therapie gilt inzwischen als wissenschaftlich gut belegt. Vor allem Demenzpatient*innen, die zu aggressivem Verhalten neigen, profitieren davon.

Akupunktur. Nach Erfahrungsberichten hat die Akupunktur positive Effekte bei einigen Demenzpatient*innen. Diese Ergebnisse lassen sich aber nicht auf alle Betroffenen übertragen, denn Erfahrungsberichte haben nicht den gleichen Aussagewert wie klinische Studien.

Physikalische Therapie. Nicht zuletzt dank ihrer entspannenden Wirkung scheinen sich regelmäßige Massagen günstig auf Angstzustände bei Demenzpatient*innen auszuwirken.

Prävention

Einen effektiven Schutz vor Demenzerkrankungen gibt es nicht. Je älter ein Mensch wird, desto höher ist das Risiko, an Demenz zu erkranken. Folgende Maßnahmen verringern aber das Risiko, sofern man früh genug damit beginnt:

Fit halten. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass geistig und körperlich aktive Menschen seltener an Demenz erkranken als inaktive. Es ist aber davon auszugehen, dass eine gewisse "Mindestdosis" von Aktivitäten erforderlich ist. Empfohlen wird eine moderate körperliche Aktivität für mindestens 150 Minuten pro Woche. Geistig anspruchsvolle Tätigkeiten, wie etwas Neues zu lernen oder zu musizieren, stärken das Gehirn.

Gesund ernähren. Eine ausgewogene fett- und kalorienarme Ernährung unterstützt die Herz-Kreislauf-Gesundheit und reduziert damit das Risiko, an Demenz zu erkranken. Alkohol sollte nur moderat genossen, Rauchen ganz unterlassen werden.

Soziale Kontakte pflegen. Isolation und Einsamkeit gelten als Risikofaktoren für Demenz. Dagegen helfen soziale Kontakte, kulturelle Aktivitäten und das Zusammensein mit Freunden und Bekannten.

Seh- und Hörstörungen ausgleichen. Eingeschränktes Hören und Sehen fördert die Entwicklung einer Demenz ebenfalls. Deshalb ist es wichtig, dass Brillen und Hörgeräte optimal angepasst und regelmäßig überprüft werden.

Risikofaktoren behandeln: Je besser Grunderkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, erhöhte Cholesterinwerte und Übergewicht behandelt werden, desto besser für das Gehirn.

Weiterführende Informationen

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Weitere Quellen:

| Von: Dr. med. Nicole Menche, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Infektionen und Entzündungen in Mund und Rachen

Entzündungen im Mund und Rachen. Infektionen durch Bakterien, Viren oder Pilze im Bereich des Mundes. Ältere Menschen leiden besonders oft darunter, insbesondere aufgrund von Mundtrockenheit oder schlecht sitzenden Zahnprothesen. Sind die Betroffenen zudem selbst nicht (mehr) in der Lage, Zähne, Zahnfleisch und Schleimhäute regelmäßig zu reinigen und zu spülen, entwickelt sich der Mund zu einem idealen Nährboden für Keime und Pilze. Behandelt wird mit allgemeinen Maßnahmen und bei nachgewiesenen Infektionen mit Antibiotika, antiviralen Mitteln oder Pilzmedikamenten.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Gerötete und blutende Stellen im Mundbereich
  • Mundgeruch
  • Schluckbeschwerden
  • Trockene Schleimhäute
  • Weißlich-gelb belegte Zunge.

Wann in die Arztpraxis

In den nächsten Tagen, wenn oben genannte Beschwerden und Anzeichen auftreten.

Die Erkrankung

Entzündungen im Mund oder im Rachen können durch verschiedene Erreger hervorgerufen werden. Bei älteren Menschen treten am häufigsten folgende Infektionen auf:

  • Pilzinfektionen der Mundhöhle (Mundsoor): Typisch für Pilzinfektionen sind weißliche, abwischbare Belägen im Mundraum. Die Betroffenen haben Schmerzen und Brennen im Mund und ihnen fällt das Schlucken schwer.
  • Entzündungen der Mundschleimhaut (Stomatitis) durch Bakterien: Sie erkennt man an Rötungen, Schwellungen und Bläschen an der Mundschleimhaut und dem Zahnfleisch. Es können sich auch Geschwüre entwickeln. Beim Essen, Trinken und Sprechen kommt es zu Schmerzen, meist macht sich auch Mundgeruch bemerkbar.
  • Herpes simplex und Herpes zoster: Eine Infektion mit Herpes-simplex-Viren im Mund äußert sich durch Rötungen, schmerzhafte Bläschen und Mundgeruch. Für Herpes zoster (Gürtelrose) im Mundbereich sind gruppierte Bläschen, stechende Schmerzen, Kribbeln und Taubheitsgefühl typisch, meist ist nur eine Seite befallen.

Risikofaktoren

Es gibt zahlreiche Faktoren, die Entzündungen im Mund- und Rachenbereich begünstigen. Häufig liegen – vor allem bei alten Menschen – mehrere davon gleichzeitig vor:

  • Trockene Mundschleimhaut. Mundspeichel hat eine zentrale Schutzfunktion. Er spült Bakterien und Pilze weg, neutralisiert schädliche Säuren und enthält Abwehrstoffe gegen Krankheitserreger. Ohne spülenden Speichel wird die Mundhöhle zu einem idealen Nährboden für Bakterien und andere Mikroorganismen. Dazu kommt, dass eine trockene Schleimhaut empfindlicher wird für das Eindringen von Erregern. Die Mundtrockenheit im Alter entwickelt sich vor allem durch die nachlassende Speichelproduktion und eine zu geringe Flüssigkeitsaufnahme. Andere Auslöser sind Medikamente (Antidepressiva, Blutdrucksenker), Alkoholmissbrauch und Rauchen sowie chronische Erkrankungen (Sjögren-Syndrom, Diabetes).
  • Geschwächtes Immunsystem. Alte Menschen haben meist ein schwächeres Immunsystem, weshalb die Anfälligkeit für Infektionen auch im Mund steigt.
  • Mechanische Reizung durch Prothesen. Schlechtsitzende Zahnprothesen verursachen kleine Risse und Druckstellen, die als Eintrittspforte für Keime dienen können.
  • Vitamin- und Nährstoffmangel. Alte Menschen essen oft zu wenig oder zu einseitig. Ein daraus resultierender Mangel an Vitaminen und Nährstoffen kann die Schleimhäute und das Immunsystem schwächen.

Komplikationen

Durch trockene Schleimhäute und eine trockene, spröde Haut kommt es oft zu kleinen Einrissen an den Mundwinkeln. Diese Mundwinkelrhagaden treten gehäuft in der kalten Jahreszeit auf. Reißen die Mundwinkel immer wieder ein, kann dies auf eine Leberzirrhose, Eisenmangel, Vitamin-B-Mangel oder eine Überversorgung mit Vitamin A hinweisen. Auch eine schlechtsitzende Prothese begünstigt das Entstehen von Rhagaden.

Dringen bei einer Entzündung im Mund die Erreger bis zur Ohrspeicheldrüse vor, entzündet sich auch diese und es kommt zu einer Parotitis. Fieber und durch das Anschwellen bedingte Schluckbeschwerden sind ein deutliches Zeichen.

Diagnosesicherung

Bei hartnäckigen Entzündungen befragt die Ärzt*in die Patient*innen umfassend, um mögliche Ursachen wie Medikamente, bestehende Erkrankungen oder Fehler in der Ernährung herauszufinden.

Bei der genauen Inspektion von Mund und Rachen lässt sich oft erkennen, ob zum Beispiel scharfe Zahnkanten oder eine schlecht sitzende Prothese die Entzündung auslösen. Falls nötig, wird eine zahnärztliche Behandlung empfohlen.

Besteht der Verdacht auf eine Infektion mit Pilzen oder Bakterien, entnimmt die Ärzt*in einen Abstrich und lässt diesen im Labor untersuchen. Auch eine Blutuntersuchung kann sinnvoll sein – sie gibt z. B. Hinweise auf Vitamin- oder Nährstoffmängel oder macht auf eine bisher unerkannte Erkrankung aufmerksam.

Behandlung

Basis der Behandlung sind allgemeine Maßnahmen, eine gute Mund- und Zahnhygiene und eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr (siehe unter Ihre Apotheke empfiehlt). Bei starken Schmerzen helfen Schmerzmittel wie Paracetamol oder Ibuprofen. Auch betäubende Lutschtabletten lindern die Beschwerden meist.

Wenn eine Infektion nachgewiesen wurde, verordnet die Ärzt*in ein entsprechendes Medikament. Bei einem Pilzbefall sind dies Salben mit den Wirkstoffen Nystatin oder Miconazol, in schweren Fällen erhalten die Betroffenen auch Anti-Pilzmittel in Tablettenform. Bakterielle Infektionen werden mit Antibiotika bekämpft. Da es sich häufig um Streptokokken handelt, kommen vor allem Penicillin oder Amoxicillin zum Einsatz. Eine virale Infektion wird mit antiviralen Wirkstoffen behandelt.

Prognose

Werden Entzündungen im Mund- und Rachenraum frühzeitig erkannt und behandelt, ist die Prognose auch bei alten Menschen gut.

Ihre Apotheke empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Aufweichen. Borkige und angetrocknete Beläge auf Zunge und Schleimhaut lassen sich leichter entfernen, nachdem sie zehn Minuten vorher vorsichtig aufgeweicht wurden. In hartnäckigen Fällen hilft auch ein wenig Sahne oder Butter, die mit dem Finger aufgebracht werden. Auch wenn Schleimhäute, Zunge oder Lippen entzündet, gerötet oder rissig sind, ist mit fettenden Substanzen Linderung möglich.

Trocknen und Cremen. Das Trockentupfen der betroffenen Stelle ist die erste Maßnahme bei Mundwinkelrhagaden. Befeuchten mit Speichel oder Ablecken mit der Zunge ist ungünstig, da dadurch die Haut aufweicht und sie noch leichter einreißt. Fetthaltige Cremes wie Zinkpaste oder Vaseline unterstützen die Heilung. Auch Pflegestifte für trockene Lippen mit Melisse oder Dexpanthenol sind eine Option.

Komplementärmedizin

Erfordern Probleme in der Mundhöhle eine spezielle Mundpflege, bieten Erfahrungs- und Naturheilkunde eine Fülle von pflegenden Wirkstoffen. In hartnäckigen und sehr schmerzhaften Fällen sollte aber nicht lange experimentiert, sondern die Hausärzt*in konsultiert werden.

  • Kamillentee: wirkt entzündungshemmend bei wunden Stellen
  • Salbeitee: wirkt desinfizierend bei kleineren Entzündungen im Mund und Rachenraum, auch vorbeugend
  • Myrrhetinktur (1–5 ml Tinktur auf 1 Glas Wasser): wirkt desinfizierend bei kleineren Entzündungen im Mund und Rachenraum. Vorsicht: nur lokal mit Tupfer auftragen
  • Zahnfleischbalsam, z. B. mit Salbei: wirkt schmerzlindernd, leicht desinfizierend und entzündungshemmend bei Entzündungen des Zahnfleischs
  • Künstlicher Speichel: feuchtet die Mundhöhle wieder an bei Mundtrockenheit.

Prävention

Regelmäßiges – vorsichtiges – Zähneputzen und Mundspülen feuchten die Mundhöhle an und reinigen sie. Drogerien und Apotheken bieten zum Mundspülen eine Fülle von Lösungen an. Eine preiswerte Alternative sind abgekühlte Tees, die gleichzeitig die Speichelproduktion anregen, wenn sie säuerlich sind, wie z. B. Früchtetee oder Wasser mit einigen Spritzern Zitrone.

Mundspülungen sind nur möglich, wenn die Patient*in bei Bewusstsein ist und es so sicher ist, dass es nicht zum Verschlucken kommt. Kann die Patient*in aufgrund von Schluckbeschwerden den Mund nicht selbst spülen, sorgt regelmäßiges Auswischen der Mundhöhle für ein feuchtes und sauberes Klima im Mund. Dazu wird die Patient*in aufgesetzt. Nach Inspektion der Mundhöhle (gegebenenfalls mit einer Taschenlampe) wischt man die Mundhöhle mit einer Mundspüllösung aus. Dabei werden die Beläge vorsichtig abgelöst und entfernt. Sehr hilfreich sind spezielle feststellbare Pinzetten (z. B. Pean-Klemmen). In der Pinzette wird der Kugeltupfer befestigt. Anschließend wird der Tupfer in die Mundspüllösung getaucht. Die Mundhöhle wird mit dem feuchten, aber nicht tropfenden Tupfer vorsichtig ausgewischt und so wird auch die Zunge gereinigt.

Weiterführende Informationen

Quellen:

| Von: Ruth Mamerow, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Kontrakturen (Gelenkversteifung)

Kontrakturen: Dauerhafte Gelenkversteifung infolge verkürzter Muskeln, Sehnen und Bänder oder geschrumpfter Gelenkkapseln. In der Folge ist das Gelenk weniger beweglich und es drohen Fehlstellungen. Die Ursache für Kontrakturen ist eine langdauernde Inaktivität. Betroffen sind insbesondere gelähmte oder bettlägerige Menschen, häufig kommt es bei Pflegeheimbewohner*innen dazu. Zur Vorbeugung der dauerhaften Gelenkversteifung gehören regelmäßige Bewegungsübungen, Lagerungstechniken und eine spezielle Physiotherapie.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Unfähigkeit, ein Gelenk zu bewegen
  • Schmerzen durch eine veränderte Körperhaltung oder beim Versuch, das Gelenk passiv zu bewegen
  • Fehlstellungen (Spitzfuß, Klauenhand).

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Kontrakturen entstehen, wenn Gelenke über längere Zeit in einer bestimmten Stellung ruhiggestellt (fixiert) werden. Diese Fixierung führt dazu, dass sich die Muskelfasern abbauen, sie werden kürzer und wandeln sich in Bindegewebe um.

Durch die Unbeweglichkeit verkürzen und versteifen sich auch die Bänder und Sehnen. Werden Gelenke nicht bewegt, verklebt die Gelenkkapsel, was die Beweglichkeit weiter einschränkt.

Kontrakturen treten meist an mehreren Gelenken gleichzeitig auf. Das Gelenk „ruht“ dadurch in einer charakteristischen Zwangshaltung, die der Betroffene selbst nicht aufheben kann. Aber auch passiv kann das Gelenk meist nur unter großem Kraftaufwand und unter Schmerzen bewegt werden.

Bei Kontrakturen handelt es sich immer um eine bleibende Bewegungseinschränkung, einmal eingetretene Fixierungen sind meist nur geringgradig umkehrbar.

Ursachen und Risikofaktoren

Gefährdet sind besonders (alte) Menschen durch lange Bettlägerigkeit oder unsachgemäße Lagerung. Aber auch dauerhaftes Sitzen im Rollstuhl kann zu einer Gelenkversteifung führen. Begünstigende Faktoren für Kontrakturen sind außerdem

  • neurologische Erkrankungen mit Lähmungen wie Schlaganfälle, Multiple Sklerose, Querschnittslähmungen und spastische Lähmungen
  • zwanghafte Schonhaltung bei Schmerzen oder rheumatischen Erkrankungen
  • Verletzungen oder Operationen in Gelenknähe, die eine Gipsbehandlung oder andere Ruhigstellung erforderlich machen
  • Narben, die die Haut schrumpfen lassen und so die Gelenkbeweglichkeit einschränken.

Formen

Ist das Gelenk in seiner Beugestellung fixiert, spricht man von einer Beugekontraktur (Flexionskontraktur), von der typischerweise Finger und Zehen betroffen sind. Der Spitzfuß (Pferdefuß) ist die häufigste Beugekontraktur bei dauerhaft bettlägerigen Menschen. Er wird oft (unbemerkt) dadurch verursacht, dass die Bettdecke auf den Fuß drückt. Dabei versteift sich das obere Sprunggelenk und die Achillessehne verkürzt sich. Dadurch ist normales Gehen unmöglich. Die Betroffenen sind nicht mehr fähig, den Fuß abzurollen und können, wenn überhaupt, allenfalls auf Zehenspitzen gehen.

Ist ein Gelenk in der Streckstellung fixiert, spricht man von einer Streckkontraktur. Sie ist seltener als die Beugekontraktur.

Diagnosesicherung

Die Diagnose einer Kontraktur beruht vor allem auf der klinischen Untersuchung. Nur selten sind bildgebende Verfahren zur Bestätigung oder zum Ausschluss anderer Erkrankungen erforderlich.

Klinische Untersuchung. Zunächst inspiziert die Ärzt*in das betroffene Körperteil und vergleicht es mit der Gegenseite. Meist sind die Fehlstellung und die eingeschränkte Beweglichkeit mit bloßem Auge sichtbar. Bei der Tastuntersuchung lassen sich häufig strangartige Veränderungen des verhärteten Bindegewebes fühlen. Zudem prüft die Ärzt*in vorsichtig die Beweglichkeit der Gelenke. Kann die Patient*in noch laufen, weisen Veränderungen der Bewegungsabläufe auf Kontrakturen hin. So lässt sich z. B. auch mit einem noch nicht voll ausgeprägten Spitzfuß nur noch auf Zehenspitzen gehen.

Bildgebende Verfahren. Bei Kontrakturen können Röntgenaufnahmen aufzeigen, ob knöcherne Veränderungen der Gelenke vorliegen. Besonders detailliert lässt sich das bei der Computertomografie sehen. Manche Ärzt*innen setzen auch die Sonografie ein. Mithilfe des Ultraschalls lässt sich der Zustand des Muskelgewebes und die Durchblutung beurteilen.

Behandlung

In sehr frühen Stadien kann man versuchen, das Gewebe zu dehnen und die Beweglichkeit zu verbessern. Dazu dient die Physiotherapie mit aktiven und passiven Bewegungsübungen. Massagen und Wärmeanwendungen können zur Lockerung beitragen.

Vor allem bei Kontrakturen an der Hand kommt als letzte Option auch eine Operation infrage. Sie wird erwogen, wenn aufgrund einer starken Beugekontraktur die Greiffunktion der Hand erheblich beeinträchtigt ist und die Patient*in dies als starke Verminderung ihrer Lebensqualität empfindet.

Therapie des Spitzfußes

Der Spitzfuß ist eine der häufigsten Kontrakturen. Auch hier sind die Therapiemöglichkeiten begrenzt, trotzdem sollte man nichts unversucht lassen:

  • Die Krankengymnastik kann durch aktive und passive Mobilisation versuchen, die verkürzte Unterschenkelmuskulatur zu dehnen und den Fuß auf diese Weise in seine Normalposition zurückzubringen (manuelle Redression).
  • Ein- oder beidseitige Absatzerhöhungen erleichtern häufig das Gehen.
  • Reicht die Krankengymnastik nicht aus, um die Spitzfußstellung zu korrigieren, empfehlen viele Ärzte Unterschenkelstehgipse, die den Fuß über einen längeren Zeitraum in der Normalposition stabilisieren.

Vorbeugung

Eine Kontraktur lässt sich nur sehr selten wieder rückgängig machen. Deshalb hat die Vorbeugung, d. h. die Kontrakturprophylaxe, eine große Bedeutung. Dazu gehören:

Aktive Bewegungsübungen, die die Betroffenen mehrmals täglich selbstständig ausführen. Sie sollen z. B. die Finger oder Zehen strecken, beugen oder spreizen sowie die Hand- und Sprunggelenke drehen. Auch das Heben und Senken, Anziehen und Abspreizen von Armen und Beinen gehört dazu.

Passive Bewegungsübungen werden von Physiotherapeut*innen oder Pflegefachkräften übernommen. Sie bewegen die Körperteile und Gelenke der Betroffenen, klopfen, bürsten oder kühlen sie. Dies ist insbesondere bei Personen im Koma oder gelähmten Menschen erforderlich.

Die Lagerung der Patient*innen ist ebenfalls ein zentraler Bestandteil der Kontrakturprophylaxe. Dabei müssen unbedingt die Bedürfnisse und Wünsche der Betroffenen berücksichtigt werden. Bei der speziellen Lagerung sind zahlreiche Aspekte zu beachten. So wird häufig empfohlen, das gefährdete Gelenk alle zwei bis drei Stunden neu zu positionieren, und zwar abwechselnd in Streck-, Mittel- und Beugestellung. Ist das nicht möglich, wird eine Lagerung in Funktionsstellung angestrebt. Auf diese Weise soll bei weiterer Versteifung ein Mindestmaß an Beweglichkeit erhalten bleiben.

Ihre Apotheke empfiehlt

Unterstützung der Kontrakturprophylaxe

Die Spitzfußprophylaxe ist vor allem bei Menschen mit einem Schlaganfall von allergrößter Bedeutung – auch nach der Entlassung aus dem Krankenhaus. Hier können Angehörige gut unterstützen. Dabei sollten Sie sich aber unbedingt von einer physiotherapeutischen Fachkraft anleiten lassen!

Gleiches gilt für die Vorbeugung von Kontrakturen bei der Pflege alter bettlägeriger Menschen. Auch in diesen Fällen kann man als Angehörige das Pflegepersonal und die Physiotherapeut*innen unterstützen. Wichtig ist dabei, den Anleitungen durch die Expert*innen Folge zu leisten. Auf keinen Fall dürfen Gelenke von Betroffenen gegen spürbaren Widerstand oder bei starken Schmerzäußerungen bewegt werden.

Weiterführende Informationen

Quellen:

| Von: Ruth Mamerow, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Mangelernährung

Mangelernährung: Unter- oder Fehlernährung, bei der die bedarfsgerechte Energie- und Nährstoffzufuhr nicht (mehr) gewährleistet ist. Im Extremfall kommt es zur körperlichen Auszehrung (Kachexie) und zum Kräfteverfall der Betroffenen. Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland etwa 1,5 Millionen der über 60-Jährigen unter chronischer Mangelernährung leiden.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Einseitige Essgewohnheiten (z. B. nur noch Tütensuppen oder Toastbrot)
  • Appetitlosigkeit (Auslassen oder Ablehnen von Mahlzeiten)
  • Gewichtsabnahme
  • Eingefallenes Gesicht und knochige Hände
  • Konzentrationsschwierigkeiten, Müdigkeit und Erschöpfung
  • Infektanfälligkeit (Schwächung des Immunsystems)
  • Brüchige und stark gerillte Fingernägel (Hinweis auf Eisen- oder Vitaminmangel).

Wann in die Arztpraxis

In den nächsten Tagen, wenn oben genannte Anzeichen ohne erklärende andere Ursachen auftreten.

Die Erkrankung

Fehl- und Mangelernährung sind zu einer der häufigsten, aber am wenigsten beachteten Krankheiten im Alter geworden. Laut einer Ernährungsstudie sind rund 60 % der über 75-jährigen Patient*innen bei Aufnahme in ein Krankenhaus unterernährt. Da die Übergänge von ungesundem Essverhalten zur Mangelernährung meist schleichend sind, wird die Krankheit von den Betroffenen, den Angehörigen oder dem Pflegepersonal oft nicht rechtzeitig wahrgenommen.

Die quantitative Mangelernährung (Unterernährung), bei der insgesamt zu wenig gegessen wird, macht sich nach einiger Zeit durch Gewichtsabnahme bemerkbar. Bei der qualitativen Mangelernährung (Fehlernährung) handelt es sich meist um eine zu einseitige Ernährung, die nicht zwangsläufig mit Gewichtsverlust einhergeht. Vielmehr wird aufgrund der unausgewogenen Nahrungszusammensetzung der Bedarf an bestimmten Nährstoffen nicht gedeckt.

Ursachen und Risikofaktoren

Es gibt viele Gründe, die dazu beitragen, dass ältere Menschen über Monate oder Jahre hinweg zu wenig nährstoffreiche Nahrung zu sich nehmen:

  • Durch die Abnahme der Geschmacksknospen auf der Zunge verändert sich im Alter das Geschmacksempfinden. Das kann z. B. dazu führen, dass alte Menschen die Geschmacksrichtung "süß" besonders gut wahrnehmen und dementsprechend nur Süßes zu sich nehmen (wollen).
  • Durch das veränderte Beiß- und Kauvermögen wird das Essen anstrengender. In der Folge stehen gut schluckbare Lebensmittel wie Milchbrei, Fertigsuppen, Pudding oder Weißbrot ganz oben auf dem Speisezettel.
  • Viele alte Menschen leben allein und haben häufig kein Interesse, für sich selbst einzukaufen und zu kochen.
  • Alte Menschen haben oft keine feste Tagesstruktur und vergessen einfach, regelmäßig Nahrung zu sich zu nehmen.
  • Essensvorlieben und -verhaltensweisen ändern sich nicht mehr im Alter. Das wird vor allem im Heim zum Problem. Nicht selten reagieren die Betroffenen mit Nahrungsverweigerung.
  • Verwitwete haben nach dem Tod ihrer Partner*in Probleme, nur noch für einen zu kochen bzw. für sich selbst zu sorgen.

Neben diesen im fortgeschrittenen Alter häufigen Ursachen für eine Mangelernährung beeinträchtigen auch viele Krankheiten die Nahrungsaufnahme oder -verwertung. Dazu zählen Tumoren im Verdauungstrakt, Entzündungen der Magen- oder Darmschleimhaut, eine Leberzirrhose und Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse. Auch ein erhöhter Nährstoffbedarf kann eine Mangelernährung begünstigen. Das kommt z. B. bei Krebserkrankungen, schweren Infektionen wie Tuberkulose, Autoimmunerkrankungen wie rheumatoide Arthritis oder chronischen Lungenerkrankungen vor.

Diagnosesicherung

Erste Hinweise auf eine Mangelernährung gibt das äußere Erscheinungsbild. Bei der klinischen Untersuchung achtet die Ärzt*in auf vermindertes Unterhautfettgewebe, schlaffe Hautfalten am Rücken oder hervorstehende Rippen oder Schulterblätter.

Zur Objektivierung müssen die Betroffenen gewogen und gemessen werden, um den Body Mass Index (BMI) zu bestimmen. Ein BMI unter 18,5 kg/m2 spricht beispielsweise für eine Mangelernährung. Allerdings kann auch bei normalem oder sogar erhöhtem BMI eine Mangelernährung in Form einer Fehlernährung vorliegen.

Verschiedene Screening-Tools helfen dabei, den Ernährungszustand einzuschätzen bzw. eine Mangelernährung zu erkennen. Besonders gut geeignet für geriatrische (alte) Patient*innen ist das Mini Nutritional Assessment, das es in Kurz- und Langform gibt (Link unter Weiterführende Informationen). Andere, ebenfalls eingesetzte Screening-Tools sind das Nutritional Risk Screening (NRS 2002) und das Subjective Global Assessment (SGA).

Fehlernährungen kommt man auch mit Laboruntersuchungen auf die Spur. Besonders wichtig ist das Messen der Serumproteine wie Albumin. Liegt der Albuminspiegel zu niedrig, ist dies ein Hinweis auf einen im Alter häufigen Proteinmangel. Ebenfalls mit Blutuntersuchungen nachweisbar ist der Mangel von Vitaminen oder Spurenelementen.

Behandlung

Bei der Behandlung einer Mangelernährung gilt es, die Energiedefizite auszugleichen und die fehlende Körpersubstanz wiederaufzubauen. Fehlende Vitamine oder Spurenelemente müssen zugeführt werden. Bei der Ernährung ist besonders auf Proteine, Vitamin D und Kalzium sowie Vitamin B12 zu achten.

  • Proteine. Um dem im Alter häufigen Abbau der Muskulatur entgegenzuwirken, müssen ausreichend Proteine aufgenommen werden. Viele Expert*innen halten eine tägliche Aufnahme von 1,0–1,2 g Protein/kg Körpergewicht für erforderlich. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt 57 g/Tag für Frauen und 67 g/Tag für Männer. Proteine allein reichen allerdings nicht aus, um Muskeln zu erhalten oder aufzubauen. Zwingend erforderlich sind körperliche Aktivität und Muskeltraining.
  • Vitamin D und Kalzium. Weil alte Menschen oft kaum an die Sonne kommen, sollten für die Knochengesundheit täglich 20 μg Vitamin D als Nahrungsergänzungsmittel eingenommen werden. Zusätzlich werden 1000 mg/Tag an Kalzium empfohlen, am besten in Form von fettarmer Milch, Milchprodukten oder kalziumreichem Mineralwasser.
  • Vitamin B12. Ebenfalls im Alter häufig ist ein Mangel an Vitamin B12. Er kommt z. B. bei atrophischer Gastritis, veganer Ernährung und der Einnahme von Protonenpumpenhemmern vor. Die DGE empfiehlt, bei älteren Menschen regelmäßig den Vitamin-B12-Spiegel zu überprüfen und gegebenenfalls Vitamin B12 zu substituieren.

Form der Ernährung

Expert*innen raten prinzipiell dazu, dass alte Menschen solange wie möglich selber essen, eventuell ergänzt durch Trinknahrung und Nährstoffkonzentrate (Tipps dazu siehe "Ihre Apotheke empfiehlt"). Wenn das nicht mehr möglich ist, kann man eine künstliche Ernährung in Betracht ziehen, z. B. durch eine PEG-Sonde. Mit entsprechender Unterstützung durch Pflegekräfte lässt sich diese Ernährung auch zu Hause durchführen. Vor- und Nachteile sind sorgfältig gegeneinander abzuwägen.

Ihre Apotheke empfiehlt

Was Sie selbst tun können

In der Regel fällt es den Angehörigen zu, ein älteres Familienmitglied vor Mangelernährung zu bewahren – eine Aufgabe, die viel Fingerspitzengefühl verlangt. Es gibt keine Standardrezepte, wann im Einzelfall kurzfristig interveniert und wann besser gewartet werden soll. Deshalb sind die folgenden Hinweise in der Praxis auch nicht eins zu eins umsetzbar, wohl aber umfassen sie die Punkte, an die es zu denken gilt:

Appetitlosigkeit. Gemeinsam schmeckt es besser. Menschen, die allein essen müssen, verlieren schnell den Appetit. Der Genuss am Essen steigt, wenn Mahlzeiten gemeinsam vorbereitet und eingenommen werden.

Wünsche erfragen und Bedürfnisse berücksichtigen. Jeder Mensch hat nicht nur Lieblingsspeisen und -getränke, sondern auch jahrelang "erprobte" Essgewohnheiten und Abneigungen. Oft kann es mit ein wenig Geduld gelingen, durch Lieblingsspeisen die Lust am Essen wieder zu aktivieren. Auch säuerliche Speisen oder Säfte und Zitrusfrüchte regen den Appetit an. Grundsätzlich gilt: Lieber fünf bis sechs kleine Mahlzeiten einnehmen als drei große. Üppige Mahlzeiten belasten unnötig die Verdauungsorgane und somit das Herz-Kreislauf-System.

Bewegen! Appetitlosigkeit ist oft auf Bewegungsmangel zurückzuführen. Durch körperliche Aktivität werden Stoffwechsel und Verdauung angeregt. Auch bei älteren Menschen, die sich nicht mehr selbstständig bewegen können oder einfach viel Zeit in ihrer Wohnung verbringen, wirkt ein tägliches Mindestmaß an körperlicher Aktivität manchmal Wunder.

Einkaufsprobleme. Für Menschen, die sich nicht mehr selbstständig aus der Wohnung bewegen können, bietet sich "Essen auf Rädern" an. Die meisten großen Supermärkte verfügen heutzutage über einen Einkaufsdienst, der Lebensmittel nach Hause liefert.

Spezialbecher oder -bestecke, die es im Sanitätshaus gibt, können die Zubereitung und Aufnahme von Nahrung und Getränken bei einigen Erkrankungen oder Behinderungen erleichtern, z. B. bei der Parkinson-Krankheit.

Hilfe bei Kau- und Schluckbeschwerden

Kauprobleme sind häufig darauf zurückzuführen, dass die Zahnprothese nicht mehr fest sitzt, weil der Kiefer im Alter schrumpft. Die Zahnärzt*in kann hier helfen. Kauprobleme sollten kein Grund sein für ausschließlich weiche oder breiige Nahrung. Oft reicht es, z. B. harte Brotrinde zu entfernen, statt Toastbrot zu essen. Um das Kauen zu erleichtern, kann die Nahrung auch zerkleinert werden. Ein geschälter und klein geschnittener Apfel z. B. schmeckt auch alten Menschen gut und enthält viel wichtiges Vitamin C.

Menschen mit Schluckbeschwerden müssen beim Essen aufrecht sitzen. Um sich nicht zu verschlucken, sollte man erst trinken, wenn der Mund leer von Essensresten ist. Auf (zu) feste Nahrung sollte verzichtet werden, stattdessen können pürierte Speisen und Getränke mit Dickungsmitteln (z. B. Johannisbrotkernmehl) an die Bedürfnisse des Kranken angepasst und löffelweise gegeben werden. Gesund und nährstoffreich sind z. B. auch Kefir, Buttermilch, frisch gepresste Säfte (Obst und Gemüse), mit Joghurt pürierte Früchte oder Cremesuppen. Aber auch in Apotheken erhältliche Trink- und Zusatznahrung kann bei Schluck- und Kaubeschwerden für die nötige Zufuhr von Energie sorgen.

Bei Menschen mit extremen Schluckstörungen besteht die Gefahr, dass sie sich z. B. bei zu schneller Nahrungszufuhr lebensbedrohlich verschlucken und ersticken. Die Ursachen für Schluckstörungen sollten auf jeden Fall medizinisch geklärt werden. Logopäden bieten ein Schluck- und Kautraining an.

Weiterführende Informationen

Quellen:

| Von: Ruth Mamerow, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Stuhlinkontinenz

Stuhlinkontinenz (Darminkontinenz, anorektale Inkontinenz, Incontinentia alvi): Unfähigkeit, den Stuhl zurückzuhalten. Bei Über-70-Jährigen ist etwa jede Zehnte davon betroffen. Die Stuhlinkontinenz beruht auf einer Schließmuskelschwäche, die im Rahmen von Erkrankungen oder schweren Geburten auftreten kann. Vor allem im Alter lässt sich jedoch oft keine spezifische Ursache finden. In diesen Fällen können eine Ernährungsumstellung und stuhlregulierende Medikamente helfen. Ansonsten ist eine konsequente Pflege wichtig, um die Lebensqualität der Betroffenen zu erhalten.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Unkontrollierter Abgang von Gasen, flüssigem und festem Stuhl
  • Verschmutzte Unterwäsche
  • Rötung, Brennen und Juckreiz im Intimbereich durch die Einwirkung von Stuhl auf die Haut.

Wann in die Arztpraxis

In den nächsten Tagen, wenn oben genannte Symptome neu auftreten.

Die Erkrankung

Bei einer Stuhlinkontinenz lassen sich der Stuhlabgang und der Abgang von Darmgasen nicht mehr sicher kontrollieren. Sie wird in drei Schweregrade eingeteilt, die häufig aufeinander folgen.

  • Bei Grad 1 entweichen gelegentlich Gase und Schleim. Es kommt nur vereinzelt zum Verschmutzen der Wäsche.
  • Grad 2 liegt vor, wenn immer wieder flüssiger Stuhl unkontrolliert abgeht. Die Wäsche ist häufig verschmutzt.
  • Grad 3 beschreibt den völligen Verlust der Darmkontrolle. Flüssiger und fester Stuhl gehen unkontrolliert ab.

Krankheitsentstehung

Normalerweise verschließt ein kompliziertes Schließmuskelsystem den Darmausgang. Zahlreiche Faktoren können dieses komplexe Zusammenspiel der Muskeln jedoch stören:

  • Neurologische Erkrankungen wie Schlaganfall oder Multiple Sklerose
  • Darmverletzungen, z. B durch tiefe Dammrisse bei schweren Geburten
  • Darmtumoren (z. B. Mastdarmkrebs)
  • Entzündliche Prozesse in der Afterregion wie Fisteln bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen oder Hämorrhoiden
  • Manchmal kann auch eine chronische Verstopfung durch anfallsweisen, nicht beherrschbaren Stuhldrang zur Verdachtsdiagnose Stuhlinkontinenz Anlass geben.

Idiopathische Stuhlinkontinenz. Vor allem ältere Menschen leiden oft unter einer Stuhlinkontinenz, ohne dass sie eine der genannten Erkrankungen haben. Das liegt unter anderem an der altersbedingten Degeneration von Nerven, Muskeln und Bindegewebe. So nehmen z. B. Masse und Kraft der Analmuskulatur ab, wodurch der Schließmuskel weniger effektiv arbeitet. Auch Nerven altern und übertragen manchmal die Signale zur Darmentleerung nicht mehr korrekt. Frauen sind von einer solchen idiopathischen Stuhlinkontinenz häufiger betroffen als Männer. Das liegt u. a. daran, dass es bei vaginalen Geburten häufig zu Verletzungen des Beckenbodens und der Schließmuskulatur kommt, die sich auch erst im Alter auswirken können.

Folgen und Komplikationen

Die Stuhlinkontinenz hat erhebliche Auswirkung auf die Lebensqualität der Betroffenen. Aktivitäten außerhalb der Wohnung werden dadurch oft eingeschränkt und zwischenmenschliche Beziehungen reduziert. Aus Scham und Verlegenheit ziehen sich viele Menschen mit Stuhlinkontinenz sozial zurück, Depressionen und Angstzustände können folgen.

Ebenso drohen körperliche Komplikationen. Durch den Kontakt mit Stuhl wird die Haut im Intimbereich gereizt und kann sich entzünden, bakterielle oder Pilzinfektionen sind häufig. Auch das Risiko für Harnwegsinfekte ist erhöht, was wiederum die Niere in Gefahr bringen kann.

Diagnosesicherung

Bei der Anamnese erfragt die Ärzt*in Art und Häufigkeit des Stuhlabgangs und welche Einschränkungen die Betroffenen im Alltag dadurch haben. Vorerkrankungen und zurückliegende Operationen können Hinweise auf eine eventuelle Ursache geben. Bei der klinischen Untersuchung werden Enddarmbereich und Beckenboden abgetastet und der Bauch abgehört.

Beim Verdacht auf eine behandelbare Erkrankung kommen spezielle Untersuchungen zum Einsatz. Dazu gehören die Dickdarm- und Enddarmspiegelung zum Aufspüren von Entzündungen und Tumoren. In speziellen Fällen sind auch eine Computertomografie oder eine Magnetresonanztomografie nötig.

Im fortgeschrittenen Alter lässt sich allerdings meist keine explizite Ursache finden. Dann liegt eine idiopathische Stuhlinkontinenz vor.

Behandlung

Beruht die Inkontinenz auf einer chronischen Darmentzündung, werden Arzneimittel verabreicht. Tumoren entfernt man operativ und Fisteln werden verschlossen. Da aber im hohen Alter meist eine idiopathische Stuhlinkontinenz vorliegt, ist eine spezifische Therapie leider nur selten möglich.

Ansonsten ist es wichtig, die Stuhlkonsistenz zu regulieren, wobei der Stuhl weder zu fest noch zu flüssig sein sollte. Dazu wird oft indischer Flohsamen verordnet. Das Quellmittel fördert die Kontinenz sowohl bei hartem Stuhl als auch bei Durchfall.

Auch Medikamente können helfen. Loperamid verlangsamt die Darmpassage, Abführzäpfchen rhythmisieren die Stuhlentleerung. Ob sie im Einzelfall eingesetzt werden sollen, entscheidet die behandelnde Ärzt*in.

Geeignete Hilfsmittel

Zur Behandlung der Stuhlinkontinenz gibt es verschiedene Hilfsmittel, um die Belästigung für die Betroffenen so gering wie möglich zu halten.

Fäkalkollektoren. Diese Hilfsmittel werden am Anus angeklebt und fangen so den austretenden Stuhl in einem Beutel auf. Der Fäkalkollektor ist zweckmäßig, wenn der Stuhl sehr flüssig ist und kontinuierlich ausgeschieden wird. So wird die Haut geschützt, und die Pflege wird vereinfacht. Fäkalkollektoren eignen sich jedoch nur kurzzeitig bei komplett bettlägerigen Kranken, aber nicht, wenn sie teilmobil oder mobil sind.

Analtampons. Sie verhindern, dass Stuhl austreten kann. Analtampons sind aus weichem Schaumstoff und werden direkt in den Anus eingeführt. Verspürt der Betroffene Stuhldrang, kann er den Tampon auf der Toilette leicht entfernen und sich entleeren. Es gibt verschiedenste Formen von Analtampons. Aber die Vielfalt der Modelle lässt das Problem schon erahnen: Richtig zuverlässig hilft meistens keiner. Analtampons sind deshalb kaum eine Dauerlösung. Geeignet sind sie zur kurzfristigen Linderung einer Stuhlinkontinenz.

Einlagen. Darüber hinaus gibt es Slipeinlagen, Inkontinenzeinlagen oder Inkontinenzslips, die in die Unterwäsche eingelegt werden und den Stuhl auffangen. Die Einlagen gibt es in allen Größen und Stärken in Apotheken und im Sanitätsfachhandel.

Ihre Apotheke empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Darmtraining. Der Betroffene geht täglich zu einem festgelegten Zeitpunkt (z. B. nach dem Frühstück oder Mittagessen) auf die Toilette, auch wenn er keinen Stuhldrang spürt. Auf diese Weise gewöhnt sich der Darm daran, sich zu einem festgelegten Zeitpunkt zu entleeren. Um das Zurückhalten des Stuhls zu üben, hilft es, den Schließmuskel täglich mehrmals willkürlich zusammenzukneifen und den Beckenboden zu trainieren.

Hygiene. Nach jeder Darmentleerung muss die Analregion gründlich mit Wasser (oder Babyöl) gereinigt und gut abgetrocknet werden. Feuchttücher enthalten Konservierungs- und Duftstoffe und können Kontaktekzeme auslösen, sie sollten deshalb nicht benutzt werden. Um Entzündungen vorzubeugen, trägt man danach Wund- und Heilpasten auf (z. B. Kamillosan®, Multilind®). Beschmutzte Gegenstände müssen desinfiziert werden, z. B. mit Sagrotan®-Spray oder Tüchern. Beim Reinigen selbst sollten Einweghandschuhe und eine Plastikschürze benutzt werden, die es in der Apotheke gibt und die anschließend entsorgt werden können.

Mit der Situation umgehen. Unangenehme Gerüche lassen sich durch Frischluft und Desinfektionsmittel schnell beseitigen. Die meisten Pflegemaßnahmen bei Stuhlinkontinenz bedeuten jedoch immer auch ein unfreiwilliges Eindringen in die Intimsphäre des Menschen. Wie schwierig und unangenehm dies sowohl für die Betroffenen als auch für die Pflegenden ist, können Außenstehende oft nur erahnen. Angehörigen und Pflegepersonal wird viel Einfühlungsvermögen und Taktgefühl abverlangt; manchmal fühlen sich Angehörige überfordert und brauchen Übung und Rat, um in belastenden Situationen mit pflegebedürftigen Menschen umgehen zu können. Dazu gehört auch, den Anblick von Stuhl, Erbrochenem oder durchnässten Betttüchern auszuhalten. Und das ist bis zu einem gewissen Grad lernbar.

| Von: Ruth Mamerow, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Überwässerung

Überwässerung (Hyperhydratation, Volumenüberlastung): Zu viel Wasser im Körper. Dies führt zu Gewichtszunahme, Wassereinlagerungen im Bindegewebe (Ödeme), und u. U. auch in der Lunge oder im Bauchraum (Aszites). Bedrohlich sind die Folgeprobleme vor allem durch die entstehende Überlastung von Herz und Lunge. Das Zuviel an Flüssigkeit wird meist mithilfe von Entwässerungsmitteln ausgeschwemmt. Um weiteren Flüssigkeitsansammlungen vorzubeugen, muss die zugrundeliegende Erkrankung behandelt werden.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Geschwollene Füße und Unterschenkel (Ödeme)
  • Vermehrter Bauchumfang
  • Gewichtszunahme
  • Beschleunigter Herzschlag
  • Atembeschwerden
  • Schwindel, Kopfschmerzen
  • Bewusstseinsstörung.

Wann in die Arztpraxis

Sofort bei Bewusstseinsstörungen oder Atembeschwerden.

In den nächsten Tagen bei geschwollenen Beinen und unerklärbarer Gewichtszunahme.

Die Erkrankung

Ursachen

Die Überwässerung ist ein Symptom, das durch viele verschiedene Mechanismen und Krankheiten ausgelöst werden kann. Häufigste Ursachen sind

  • Herzinsuffizienz: Bei einer Herzschwäche kann das Herz das Blut nicht mehr ausreichend durch den Körper pumpen. Das Blut staut sich in den Gefäßen, wodurch der Gefäßdruck steigt. In der Folge tritt Flüssigkeit ins Gewebe aus und es bilden sich Ödeme.
  • chronische Niereninsuffizienz: Wenn die Niere nicht mehr in der Lage ist, überschüssiges Wasser auszuscheiden, sammelt es sich im Körper an.
  • eigenmächtiges Weglassen von Diuretika (harntreibende Medikamente), die der Körper des Betroffenen aber braucht, um die nötige Urinmenge zu produzieren.
  • medizinische Maßnahmen im Krankenhaus, insbesondere ein Zuviel an Infusionen.

Zu den selteneren Ursachen gehören nephrotisches Syndrom, Leberzirrhose, Hyperaldosteronismus (Überfunktion der Nebennierenrinde) und Unterfunktion der Schilddrüse.

Eine weitere seltene Ursache für eine Überwässerung ist übermäßiges Trinken, z. B. bei Sportler*innen oder bei Menschen, die an einer psychogenen Polydipsie (übermäßigem Durst) leiden.

Klinik

Je nachdem, wo sich bei einer Überwässerung die vermehrte Flüssigkeit einlagert, kommt es zu verschiedenen Symptomen.

Gewichtszunahme. Eine Überwässerung ist so gut wie immer von einer Gewichtszunahme begleitet. Sie gilt bei Patient*innen mit Herzinsuffizienz oder Nierenschwäche als Alarmsymptom, dass sich die zugrundeliegende Erkrankung verschlechtert.

Periphere Ödeme. Staut sich das Blut in den Beinvenen, entwickeln sich Ödeme. Typischerweise beginnen diese dort, wo die Schwerkraft am stärksten ist – an den Füßen und im Knöchelbereich. Neben den sichtbaren Schwellungen kommt es im betroffenen Bereich zu Spannungen und Schmerzen, meist passen auch die Schuhe nicht mehr. Nimmt die Überwässerung weiter zu, können sich die Ödeme auf die Unter- und Oberschenkel und sogar bis in den Genitalbereich ausbreiten.

Lungenödem. Bei einer Linksherzinsuffizienz staut sich das Blut vor dem Herzen in den Lungenvenen. Tritt Flüssigkeit aus den Gefäßen in das Lungengewebe, entwickeln die Patient*innen Atemnot. Die Atmung wird schneller und flacher, manchmal hört man auch rasselnde Atemgeräusche. Bei Sauerstoffmangel können sich Haut und Schleimhäute blau verfärben.

Lidödeme. Bei manchen Patient*innen führen Nieren- oder Herzinsuffizienz zu einer ausgeprägten Wasseransammlung in den Augenlidern.

Aszites. Auch im Bauchraum kann sich bei Überwässerung Flüssigkeit ansammeln. Der Bauchumfang schwillt dabei an, oft entwickeln sich Druckgefühle und Schmerzen im Bauch. Durch den vermehrten Druck auf Darm und Magen leiden die Betroffenen oft unter Übelkeit, Appetitlosigkeit, Verstopfung und Blähungen.

Hirnödem. Bei Wassereinlagerungen im Gehirn drohen Kopfschmerzen und Schwindel. In schweren Fällen, die mit Verschiebungen der Elektrolyte einhergehen, kann es zu Bewusstseinsstörungen und Krämpfen kommen.

Anasarka. Von Anasarka spricht man, wenn die Überwässerung alle Körperregionen betrifft und es dadurch zu Schwellungen im gesamten Körper kommt.

Diagnosesicherung

Die Ärzt*in fragt nach Beschwerden wie Atemnot, Gewichtszunahme und der allgemeinen Krankengeschichte. Bei der körperlichen Untersuchung wird auf Ödeme geachtet und die Lunge abgehört. Außerdem wird das Gewicht ermittelt.

Mit bildgebenden Verfahren lassen sich Ödeme nachweisen: Röntgenaufnahmen zeigen Flüssigkeitsansammlungen in der Lunge, außerdem kann man Form und Lage des Herzens beurteilen. Ultraschalluntersuchungen des Bauchraums helfen dabei, einen Aszites zu identifizieren.

Anhand von Laboruntersuchungen kann man häufig die Ursache der Überwässerung einkreisen. Bestimmt werden dabei vor allem die Elektrolyte im Blut (Natrium und Kalium), aber auch die Nierenwerte. Auch Urinuntersuchungen helfen weiter. Aussagekräftig sind insbesondere die Menge, die in 24 Stunden ausgeschieden wird, und die Konzentration des Urins.

Behandlung

Liegt der Überwässerung eine behandelbare Erkrankung wie z. B. eine Herzinsuffizienz oder eine hormonelle Störung zugrunde, muss diese entsprechend therapiert werden. Zum schnelleren Entwässern werden Diuretika verabreicht. Dabei handelt es sich um Medikamente, die über verschiedene Mechanismen Salz und Wasser aus dem Körper befördern.

Abhängig von ihrer Wirkung werden Diuretika in vier Gruppen eingeordnet:

  • Thiazide: Thiazide wie Hydrochlorothiazid oder Xipamid hemmen die Rückresorption von Natrium und Chlor in den Körper, sodass diese in Form von Salzen vermehrt über den Urin ausgeschwemmt werden. Diese Salze "ziehen" Wasser mit sich, sodass sich sowohl der Blutdruck als auch eventuell vorhandene Ödeme verringern. Die Urinmenge steigt nur mäßig.
  • Schleifendiuretika: Schleifendiuretika wie Furosemid, Piretanid oder Torasemid wirken ähnlich, aber stärker als Thiazide, sodass sie auch bei fortgeschrittenem Nierenversagen eingesetzt werden. Sie dienen dazu, schnell viel Wasser aus dem Körper zu schwemmen, z. B. beim Lungenödem.
  • Kaliumsparende Diuretika: Kaliumsparende Diuretika wie Spironolacton, Triamteren oder Amilorid vermindern den Kaliumverlust über den Urin. Da sie alleine nur schwach wirken, kombiniert man sie meist mit anderen Diuretika.
  • Osmotische Diuretika. Diese Entwässerungsmittel setzt man vor allem bei Hirnödemen ein. Sie senken den Hirndruck, indem sie rasch die vermehrte Flüssigkeit aus dem Hirngewebe in die Blutgefäße ziehen. Ein Beispiel ist Mannitol.

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Was Sie selbst tun können

Verordnet die Ärzt*in ein Diuretikum, sollten folgende Hinweise beachtet werden:

  • Anfangs täglich, später mindestens wöchentlich Gewicht und Blutdruck überprüfen (zur Kontrolle des Wasserverlusts).
  • Die Tabletten am besten morgens einnehmen. Weil Diuretika den Harndrang verstärken, wird sonst die Nachtruhe gestört.
  • Auf Nebenwirkungen achten – hier besonders auf Herzstolpern und Muskelkrämpfe.
  • Bei starkem Schwitzen, Fieber oder Durchfall drohen Austrocknung und Elektrolytmangel. Wer Diuretika einnimmt, muss dann besonders auf eine ausreichende Zufuhr von Flüssigkeit und Elektrolyten achten und im Zweifel rechtzeitig in die Arztpraxis gehen.
  • Bei Ödemen oder Herzinsuffizienz die mit der Ärzt*in besprochene Trinkmenge sorgfältig einhalten.
  • Für Diabetiker*innen: Diuretika können den Glukosespiegel im Blut erhöhen. Der Blutzucker ist anfangs sehr oft zu kontrollieren.
  • Zurückhaltung bei Lakritz. Ein sehr hoher Lakritzkonsum kann die Wirkung von Diuretika steigern und zu einem Kaliummangel führen.
  • Kalium- und Vitamin-D-Präparate wegen der Gefahr einer Überdosierung nur in Absprache mit der Ärzt*in einnehmen.

| Von: Ruth Mamerow, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski